Die vorberatende Kommission beantragt dem St.Galler Kantonsrat, lediglich auf den Nachtrag zur Regelung von besonderen Unterrichtsaktivitäten einzutreten – eine gesetzlich verankerte Absenzenregelung hingegen sei abzulehnen.
Die Absenzenregeln an den St.Galler Mittelschulen sollen neu und vor allem strenger ausgelegt werden. Die Teilnahme an politischen Veranstaltungen dürfte demnach nicht mehr als Grund für eine Absenz gelten.
Die Regierung hat dem Kantonsrat die beiden Nachträge zum Mittelschulgesetz Anpassungen der Präsenzpflicht an den Mittelschulen inzwischen unterbreitet. Die vorberatende Kommission beantragt nun, lediglich auf den Nachtrag zur Regelung von besonderen Unterrichtsaktivitäten einzutreten, schreibt sie in einer Medienmitteilung.
Zurzeit überlässt es das Gesetz den einzelnen Mittelschulen, über die Handhabung von Abwesenheiten mittels Reglement zu bestimmen. Mit dem XIV. Nachtrag möchte die Regierung die Motion «Präsenzverpflichtung beim Mittelschulbesuch» umsetzen. Er sieht vor, die im Wesentlichen gebilligten Absenzgründe auf Gesetzesstufe zu verankern. Die Teilnahme an einer politischen Veranstaltung soll dabei grundsätzlich kein anerkannter Absenzgrund sein.
Eine ausnahmsweise Bewilligung soll dann möglich sein, wenn das Thema Gegenstand des Unterrichts ist und die Veranstaltung nicht auf die Störung, Vereitelung oder Instrumentalisierung des Unterrichts zielt. So kann eine Absenz etwa akzeptiert werden, wenn das politische Thema Gegenstand des fachlichen Unterrichts ist. Jüngst gab die Leiterin des Amtes für Mittelschulen, Tina Cassidy, dieser Zeitung folgendes Beispiel: «Wenn im Unterricht etwa eine Abstimmung besprochen wird, kann weiterhin eine Podiumsdiskussion dazu besucht werden.»
Ausserdem sieht der Nachtrag höchstens zwei Jokerhalbtage pro Schuljahr vor. Mit Annahme des Nachtrages würden Schülerinnen und Schülern der Mittelschulen neu zwei Halbtage zur Verfügung stehen, während denen sie sich ohne Begründung vom Unterricht abmelden können.
Die vorberatende Kommission lehnt den Nachtrag gemäss Communiqué ab. Dies vor allem mangels Notwendigkeit, die Absenzgründe gesetzlich festzulegen. «Grund dafür ist, dass die Gewährung von Absenzen zum operativen Geschäft der Mittelschulen gehört und eine klassische Führungsaufgabe darstellt», heisst es in der Mitteilung weiter. Das geltende Recht, das die Regelung von Absenzen, Dispensation und Urlaub der Rektoratskommission und die Beurteilung des Einzelfalls der Rektorin oder dem Rektor überlässt, erscheint der vorberatenden Kommission sachgerecht.
Zudem befürchtet sie mögliche Auslegungsprobleme in Bezug auf die Frage, was als politische Veranstaltung qualifiziert werden könnte, und sieht rechtliche Risiken bei einem allfälligen grundsätzlichen Verbot von politischer Betätigung während der Unterrichtszeit. Vor diesem Hintergrund lehnt sie auch die gesetzliche Einführung von Jokerhalbtagen ab.
Mit dem XV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz will die Regierung den Rektorinnen und Rektoren ermöglichen, über die gesamte Schulzeit hinweg acht Ferienwochen als besondere Schulzeit zu bestimmen. Dieser würde die Grundlage schaffen, um schulische Aktivitäten in den Schulferien besser zu planen und in die Schuljahresstruktur zu integrieren. Damit will sie Sprachaufenthalte, Einführungswochen und neue Unterrichtsformen besser in die Ausbildungs- und Schuljahresstruktur integrieren.
Die Zeit, die die Lernenden während der Ferien in einem Sprachaufenthalt verbringen, können sie zurzeit kompensieren. Dies würde mit Annahme des Nachtrags nicht mehr möglich sein. Die vorberatende Kommission begrüsst die vorgeschlagene Änderung und stellt diesbezüglich keine Anträge.
Der Kantonsrat berät die Vorlage in der kommenden Frühjahrssession in erster und voraussichtlich in der Sommersession 2023 in zweiter Lesung. (pd/seh)