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Im November wird in Speicher über den Kauf des «kleinen Bären» in Speicherschwendi abgestimmt. Heisst die Bevölkerung das Vorhaben gut, entsteht im Erdgeschoss ein Ladengeschäft samt Café. Anteilsscheine von fast 300’000 Franken hat die noch zu gründende Betriebsgenossenschaft mittlerweile bereits gesammelt.
In Speicherschwendi soll ein neues Zentrum entstehen. Geplant ist, dass das ehemalige Gasthaus Bären abgerissen und an dieser Stelle Wohnungen entstehen. Gleich daneben, zur Strasse hin und angrenzend an einen neuen Dorfplatz, würde der «kleine Bär» respektive eine zusätzliche Liegenschaft gebaut. Das geplante Gebäude umfasst einen 100 Quadratmeter grossen öffentlichen Saal / Mehrzweckraum und einen Laden samt Café im Erdgeschoss. Für Restauration und Einkaufsmöglichkeit wäre eine Betriebsgenossenschaft verantwortlich. Noch ist sie nicht gegründet. Doch der sich in Gründung befindende Vorstand ist bereits fleissig.
Die Pläne für das Zentrum wurden im Mai publik. Franz Knechtle steht der Gründungsverwaltung der noch zu gründenden Betriebsgenossenschaft vor. Er sprach damals von einer halben Million Franken, die es braucht, um die Genossenschaft tatsächlich zu realisieren. Eine hohe Hürde. Speicherschwendi umfasst knapp 800 Einwohnerinnen und Einwohner. Dass sich in einem solch kleinen Dorf genügend Anteilsscheine zeichnen lassen, galt als ambitioniertes Vorhaben. Doch nun, knapp vier Monate später, lehnt sich Knechtle zurück und meint lächelnd: «Die halbe Million erreichen wir locker. Da habe ich keinerlei Zweifel mehr!»
Ziel war, bis zu den Sommerferien 250’000 Franken zu erreichen. Mittlerweile wurden Anteile für knapp 300’000 Franken gezeichnet. «Die Resonanz ist gross», freut sich Fredy Zünd, Vorstandsmitglied der sich noch zu gründenden Betriebsgenossenschaft. Mit einem Brief wurden die Einwohnerinnen und Einwohner des Dorfes informiert und zur Anteilsscheinzeichnung animiert. Am Dorffest Mitte Juni waren Knechtle und Zünd zusätzlich vor Ort, um für ihr Anliegen zu weibeln. Gelohnt hat es sich: Kontinuierlich kommen Anteilsscheine rein. Knechtle stellt in Aussicht, dass nun auch Stiftungen angeschrieben werden. Erste Vorgespräche hätten bereits stattgefunden. Und auch ein Anwalt wurde zur Erstellung der Statuten beauftragt. Der Vorstand der sich in Gründung befindenden Betriebsgenossenschaft hat sich mittlerweile ebenfalls gefunden und umfasst sieben Mitglieder.
Klingt, als laufe alles wie am Schnürchen. Doch eine Hürde bleibt: die Abstimmung. Die Zentrumsüberbauung in Speicherschwendi kommt am 26. November an die Urne. Die Idee ist, dass die Gemeinde von der privaten Bauherrin, welche das Projekt realisiert, den «kleinen Bären» erwirbt und ihn der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Will heissen: Der Einwohner- und Freizeitverein Speicherschwendi ist dann aufgerufen, den öffentlichen Saal mit Anlässen zu «füllen». Für den Laden und das Café wäre die Betriebsgenossenschaft zuständig. Wie hoch der Kaufpreis für den «kleinen Bären» ausfallen wird, ist derzeit noch offen. Vermutet wird ein niedriger einstelliger Millionenbetrag.
«Das Schwierige für uns wird, die Speicherer Bevölkerung zu überzeugen, dass wir hier in Speicherschwendi gerne den kleinen Bären samt Dorfplatz hätten», so Zünd. Die Gemeinde Speicher umfasst knapp 4500 Einwohnerinnen und Einwohner, 3700 leben im Dorf Speicher selbst, würden vom Erwerb des «kleinen Bären» somit nicht profitieren. Die letzte grössere Investition, welche der Gemeinderat in Speicherschwendi veranlasst hatte, war der Bau des Kindergartens vor über 20 Jahren. «Seitdem laufen die Steuereinnahmen einbahnmässig rauf in die Sanierung des Hallenbads, in ein neues Schulhaus oder auch in die Renovation des Schützenhauses», so Knechtle. Jene Ausgaben stellt er zwar nicht infrage. Aber: «Höchste Zeit, dass wir auch mal wieder Nutzniesser sind.»
An der Chilbi im September wollen Knechtle und Zünd in Speicher die Bürgerinnen und Bürger von einem Ja an der Urne überzeugen. Beiträge im Gemeindeblatt und Gespräche mit den Parteien sind nachfolgend geplant. Zünd wie auch Knechtle waren beide lange Mitglieder des Gemeinderates, engagieren sich seitdem in der Gemeinde auf ehrenamtlicher Basis. Sie sind gut vernetzt, und zeigen sich dementsprechend zuversichtlich, dass sie genügend Ja-Stimmen generieren werden.
Alle Vorstandsmitglieder sind von der Notwendigkeit eines Treffpunktes für Speicherschwendi, inklusive Einkaufsmöglichkeit und Saal, überzeugt. «Es wäre ein Mehrwert für das gesamte Dorf», so Zünd. Seit der Schliessung des Gasthauses Bären samt Säli bestehe die einzige Möglichkeit, sich mit grösseren Gruppen zu treffen, im Erdgeschoss der Liegenschaft Rehetobelstrasse 8. Als Übergangslösung wird dieser Ort auch von Kursen genutzt. «Die Nachfrage nach einem Saal ist somit da», so Zünd. Er geht darum davon aus, dass der Mehrzweckraum im «kleinen Bären» ebenfalls «grossmehrheitlich» belegt sein wird. «Ähnlich wie der Buchensaal in Speicher», doppelt Knechtle nach. Apropos: Warum wird die Infrastruktur in Speicher nicht mehr genutzt? Die beiden verweisen auf die unzureichenden Verbindungen im öffentlichen Verkehr. Zünd: «Nach 19 Uhr fährt kein Bus mehr nach Speicher und zurück.»
Wird an der Abstimmung der Kauf gutgeheissen, steht im Frühling 2024 die Gründung der Genossenschaft an. Anschliessend wird ein Brief an alle Zeichner versandt und die ersten Entscheide wie etwa die Höhe der Vergünstigungen für die Genossenschafter beim Einkauf werden gefällt. Läuft alles nach Plan, erfolgt voraussichtlich Ende 2024 die Baueingabe, sodass Ende 2026 das Gebäude in Betrieb genommen werden könnte. «Wir brauchen die Loyalität von Speicher», so Zünd. «Dann bekäme Speicherschwendi wieder ein Zentrum.» Und wenn nicht? Was, wenn Speicher Nein sagt? Knechtle: «Dann wird der Graben zwischen Speicher und Speicherschwendi wohl noch ein bisschen grösser.»