An der Gründungsversammlung der Evangelischen Kirchgemeinde Unteres Toggenburg wurde Enzo Fuschini zum Präsidenten der Kirchenvorsteherschaft gewählt. Er zieht im Gespräch mit dem Toggenburger Tagblatt eine erste Bilanz.
Herr Fuschini, die Protestanten im unteren Toggenburg stehen im zweiten Jahr ihres Zusammenschlusses. Nun haben vor kurzem die Kirchbürgerschaften beider betroffener Kirchgemeinden das Zusammengehen auch mit Lütisburg beschlossen. Es waren ja viele Erwartungen an die Fusion 2013 geknüpft. Haben sie sich erfüllt?
Enzo Fuschini: Ja, zumindest teilweise. Wir dürfen keine Wunder erwarten, und solche wurden ja auch nicht versprochen. Der Prozess des Zusammenwachsens ist in Gang gekommen, sogar sehr gut. Aber er braucht Zeit. Der Zusammenschluss hat Energien freigesetzt, wir haben mehr Schwung bekommen. Es war ja in letzter Zeit nicht einfach, Kirchbürgerinnen und -bürger für die Mitarbeit in der Kirchenvorsteherschaft zu gewinnen. Heute ist dieses Problem markant weniger dringlich.
Sie haben den Zusammenschluss von Anfang an vorangetrieben und sich dafür engagiert. Was hat Sie dabei begeistert?
Fuschini: Von allem Anfang an waren da auf allen Seiten ein guter Geist und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Wir hatten von Anfang an guten Wind im Segel. Bütschwil hat den Zusammenschluss immer klar gewollt, von ihnen ging viel Optimismus und Offenheit aus, repräsentiert vor allem durch die treibende Kraft Ernst Züllig. Das steckte an. Schon der Zusammenschluss selbst war begeisternd, nicht nur sein Resultat. Es war ein wunderbarer Prozess, kreativ und konstruktiv, wie das dann auch im Gründungsfest zum Ausdruck kam.
Inwieweit ist die heute überall spürbare Bereitschaft zum Zusammenschluss in grössere Gemeinden vom einschneidenden Beschluss der Kantonalkirche motiviert? Diese hatte bekanntlich festgelegt, dass ab 2016 die St. Galler Kirchgemeinden nur noch Anspruch auf kantonale Beiträge haben, wenn sie nicht unter die Marke von mindestens 1000 Kirchbürgerinnen und -bürgern fallen.
Fuschini: Wir haben uns nicht in erster Linie aus diesem Druck zusammengeschlossen. Schon vorher war bei vielen der Wunsch zum Zusammenschluss da. Die Notwendigkeit dazu zeigte sich vor allem bei den drängenden personalen Problemen, im Vorstand, aber auch im Gemeindeleben. Wenn man nur noch drei oder vier Konfirmanden hat, ist das weder für die betreuende Pfarrperson noch für die Jugendlichen ideal.
Was hat sich durch den Zusammenschluss der Kirchgemeinden konkret verbessert?
Fuschini: Jetzt sind die Angebote vielseitiger und die Teilnehmerzahlen mehr im Lot, vom «Fiire mit de Chliine» bis zur Seniorenarbeit. Bei der Vorbereitung zur Neuwahl der Kirchenvorsteherschaft am 30. Oktober hat sich gezeigt: Es sind nun plötzlich fast mehr Mitarbeitswillige da als Chargen.
Gibt es auch neue Herausforderungen?
Fuschini: Wir haben nun im Unteren Toggenburg die an sich anregende Situation, dass wir drei Pfarrpersonen beschäftigen. Da ist Teamwork in einem Bereich gefragt, wo traditionellerweise die Pfarrperson vieles in eigener Regie machte. Es braucht auch hier noch Zeit. Das gilt für den ganzen Prozess, wir müssen zusammenwachsen.
Nach nicht einmal zwei Jahren vereinigter Kirchgemeinde steht nun schon die neue Vergrösserung durch den Zusammenschluss mit Lütisburg an. Hätten Sie sich nicht etwas mehr Ruhe beim Aufbau der vergrösserten Kirchgemeinde gewünscht?
Fuschini: Sicher wäre das wünschenswert gewesen. Aber die Situation ist nun eben eingetreten. Wir freuen uns über den guten Geist, der auch hier weht, und über die neuen Anregungen und Möglichkeiten. Auch Lütisburg hat ja ein vielfältiges Gemeindeleben, da sind weitere starke Impulse, von denen das Ganze profitiert.
Die Zustimmung zum Zusammenschluss ist gross, die Stimmenverhältnisse zeigen es. Gibt es auch Gefahren.
Fuschini: Es besteht eine gewisse Gefahr, dass die grössere Gemeinde mit ihren Kernen an der bisher bestehenden grossen Nähe zu den Kirchbürgern verlieren könnte. Das wäre dann eine Art Heimatverlust. Auf der anderen Seite stehen die neuen Chancen. Sie überwiegen für mich. Es hängt auch hier alles an den Personen. Der Geist ist wichtiger als das Geld.