WIL: Levrat kritisiert Bundesratswahl

Die SP Wil feierte am Samstag ihren 100. Geburtstag. Dazu lud sie sich selbst und Gäste in den Stadtsaal ein. Darunter auch kantonale und nationale Parteiprominenz mit dem Präsidenten der SP Schweiz an der Spitze.

Michael Hug
Drucken
Besser nicht über Fussball sprechen: Moderator Dani Wyler und Christian Levrat, Präsident der SP Schweiz. (Bild: Michael Hug)

Besser nicht über Fussball sprechen: Moderator Dani Wyler und Christian Levrat, Präsident der SP Schweiz. (Bild: Michael Hug)

Michael Hug

redaktion@wilerzeitung.ch

Die ersten Worte an die Fest­gesellschaft im Wiler Stadtsaal richtete nicht eine der geladenen Parteigrössen an das Publikum, sondern ein Unbedarfter. Dani Wyler, Wiler und pensionierter Sportjournalist, amtete als Moderator: «1917 war das Jahr der Oktoberrevolution, die Zeit des Ersten Weltkriegs, die Schweiz, zwar verschont von diesen Auseinandersetzungen, litt unter den sozialen Gegensätzen.»

Damit übergab Wyler das Wort an den Präsidenten der SP Wil, Daniel Schönenberger. Der wiederum gewann dem Jahr 1917 etwas Gutes ab: «Es war das Jahr, in dem meine Mutter geboren wurde. Damit war dieses Jahr auch extrem wichtig für mich.» Dennoch, 1917 war ein Jahr des Krieges, so Schönenberger, der Lügen und die Zeit des Rechts des Stärkeren.

Gemeinsinn und Solidarität

«Einige Leute in Wil aber haben gewusst, dass die Zukunft nur gut werden kann, wenn man sich in Gemeinsinn und Solidarität zusammentut und sich einsetzt füreinander. Viel ist erreicht worden in diesen 100 Jahren: Wir haben die Gleichberechtigung und die AHV.» Letzteres ein Thema, das wieder brandaktuell sei, so der Stadtparteipräsident. «Und auch 2017 haben wir wieder Krieg und Lügen und auch in der Schweiz immer wieder der Versuch, das Recht des Stärkeren durchzusetzen.» Gastrednerin Barbara Gysi, Nationalrätin und Wilerin, verwies auf die Leistungen der SP Wil: «Ich war schon an einigen 100-jährigen Geburtstagen, nicht immer war die Jubilarin derart rüstig – ja gerade jung geblieben.» 25 der 100 Jahre sei sie selbst Mitglied der SP Wil, sagte Gysi stolz: «Kämpft doch die SP im katholisch-konservativen Wil oft alleine oder mit wenigen ­Verbündeten und ringen wir um jede Stimme.» Alleine und unter sich war die Partei auch an ihrem ­Geburtstag. Nur ganz wenige Vertreter anderer Ortsparteien kamen zur Feier.

Gespannt war die Festgesellschaft auf die Ansprache des nationalen Parteipräsidenten – von Dani Wyler als «Nationaltrainer der SP Schweiz» angekündigt – Christian Levrat. Der unterhielt das Publikum in seiner gewohnt humoristischen Art: «Mit mir können sie nicht weiter über Fussball sprechen, weil wir in Fribourg Eishockey spielen.» Doch dann kam Levrat auf den Punkt: «Es ist das elfte Mal, dass ich diesen Zirkus der Bundesratswahl miterleben darf. Aber diesmal habe ich den Eindruck, ich sei in einem schlechten Film.»

Christian Levrat verwies auf den Umstand, dass gemäss seinem Eindruck das Thema Gleichstellung von den Bürgerlichen «systematisch ausgeklammert wird». Seit 27 Jahren hätte die FDP keine Frau mehr im Bundesrat gehabt, aber das Parteipräsidium der FDP scheint dies nicht zu stören: «Man hat zwar eine Frau als Kandidatin aufgestellt, sie aber gleichzeitig zum Abschuss freigegeben.» «Was wir zurzeit in der Deutschweiz erleben», sagte Levrat weiter, «übersteigt alle Befürchtungen, die wir haben können. Isabelle Moret musste sich als Baby der Westschweiz betiteln lassen. Sie wird von den Medien ausschliesslich zu ihrem Privatleben befragt und dann macht man ihr den Vorwurf, dass sie keine politische Vision hat.» So weit sei man mit der Gleichstellung in der Schweiz, so der Parteipräsident. Christian Levrat verliess die Party im Stadtsaal früh, nicht weil er keine Lust auf Kalbsrollbraten und Schlorzifladen gehabt hätte, sondern um noch vor Mitternacht zurück in der Westschweiz zu sein. Im Anschluss an die Reden referierte der Kantonsrat, Historiker und Präsident der SP Kanton St. Gallen, Max Lemmenmeier, zur Geschichte der SP Wil seit 1917.