Von «Luther, der Antikapitalist» über «Luther, der erste Wutbürger» bis zu «95 Thesen heute»: Mit solchen Schlagzeilen hat mit dem 31. Oktober am letzten Montag in Deutschland das Lutherjahr begonnen. Es führt auf den 31. Oktober 2017 hin.
Von «Luther, der Antikapitalist» über «Luther, der erste Wutbürger» bis zu «95 Thesen heute»: Mit solchen Schlagzeilen hat mit dem 31. Oktober am letzten Montag in Deutschland das Lutherjahr begonnen. Es führt auf den 31. Oktober 2017 hin. Dann sind es exakt 500 Jahre her, seit der damalige Mönch Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlicht hat. Er will damit «nur» eine Debatte über den Ablasshandel anstossen. Martin Luther löst aber eine Dynamik aus, die ganz Europa erfasste. Der Toggenburger Zwingli gehört massgeblich zum internationalen Reformatoren-Team. Solche Ereignisse feiern die Reformierten am kommenden Sonntag mit dem Reformationssonntag. Mit dem 500-Jahr-Jubiläum der Reformation stehen zudem in den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Aktionen und Festivitäten auf der Agenda. So ist im November 2017 die reformierte Schweizer Jugend nach Genf zum Anlass «Reform Action» eingeladen. Das Jubiläum stellt aber auch die Frage: Wie feiern eigentlich Reformierte? Zum Reformiert-Sein gehören Stärken wie Vielstimmigkeit, Gleichberechtigung, Selbstkritik, dezentrale Strukturen und Distanz zur Selbstinszenierung. In der emotionalisierten Bilderwelt der Medien wirkt die reformierte Kirche mit solchen Botschaften aber unscheinbar. Zudem sind reformierte Errungenschaften in die Gesellschaft eingegangen. Reformierte Slogans wie «Selber denken» erinnern eher an die Wissensgesellschaft als an die reformierte Kirche. Das aber ist ebenfalls eine Stärke: Es bedeutet, dass reformatorische Gedanken Allgemeingut geworden sind. Mit dem Preis allerdings, dass die Erinnerung an den Zusammenhang mit dem «Erfolgsmodell Reformation» erlischt. Wie sollen also Reformierte feiern? Vielleicht ist es ihre Aufgabe, das 500 Jahre nach der Reformation (wieder) zu entdecken. Inhalte gibt es in den reformierten Schatzkammern genug.
So sind die Kirchenbauten selbstverständlich gewordene Leuchttürme in den Toggenburger Ortschaften. Sie sind Symbole der Beständigkeit. Und sie stehen für bleibende Kernbotschaften des neuerdings viel genannten «christlichen Abendlandes». Der Respekt vor jedem Leben in Zeiten der Völkerwanderungen zum Beispiel. Das «Erfolgsmodell Reformation» ist erst am Ziel, wenn dieser Respekt Alltag ist.