Am Sonntag wählt Appenzell Ausserrhoden ein neues Regierungsratsmitglied. Die aussichtsreichsten Kandidaten Paul Signer (FDP) und Inge Schmid (SVP) gehen fast ohne Parteilogo auf Stimmenfang – nicht nur der Tradition wegen.
HERISAU. SVP-Kandidatin Inge Schmid frohlockt und verspricht, «der Sache verpflichtet» zu sein. FDP-Kontrahent Paul Signer, ebenfalls lächelnd, wählt den direkteren Zugang. Er ist «der Regierungsrat für Sie». Die Plakate an den Strassen und in den Bahnhöfen verkünden es: Am Sonntag steht die Ergänzungswahl in die Ausserrhoder Regierung an. Für die Nachfolge von Hans Diem (SVP) bewerben sich im ersten Wahlgang Inge Schmid, Paul Signer und Samuel Büechi von den Grünen. Die Wahlwerbung spiegelt die Ausgangslage: Signer (der Favorit) und Schmid (einzige Rivalin) sind omnipräsent, Büechi (Aussenseiter) ist so gut wie unsichtbar. Die Plakate und Flyer machen aber auch stutzig: Schmid und Signer kommen fast ohne Parteilogo aus. Bei Schmid sucht der Betrachter das SVP-«Sünneli» sowohl auf den Plakaten wie auf der persönlichen Webseite vergebens. Nur im Lebenslauf nennt sie die Parteizugehörigkeit. Bei Paul Signer ziert das FDP-Logo zwar die Plakate, aber: Wegen der dunklen Schrift auf dem anthrazitfarbenen Hintergrund ist es kaum lesbar.
Sind die Parteien eine Hypothek für die Kandidaten? «Nicht unbedingt», sagt Erich Niederer, ehemaliger Ratschreiber Ausserrhodens. Die fehlenden Logos seien Ausdruck einer Ausserrhoder Wahlkampftradition. In den vergangenen Jahren hätten Regierungsräte bei Gesamterneuerungswahlen meistens ohne Logo für sich geworben. «Im Majorzwahlsystem steht die Person im Vordergrund. Diese Aussage wollen die Parteien vermitteln», sagt Niederer. Für den Politologen und für den Kolumnisten unserer Zeitung gehört der Entscheid, sparsam mit dem Logo umzugehen, aber auch zur Wahltaktik, vor allem bei der FDP. Diese strebt den fünften von total sieben Sitzen in der Regierung an. Damit wäre sie massiv übervertreten, auch wenn sie im Kantonsrat mit 24 von 65 Sitzen die grösste Fraktion stellt. Diese Machtfülle ist die Achillesferse des Favoriten Paul Signer, der als der erfolgreichere und charismatischere Politiker als Schmid gilt. Das inoffizielle Versprechen der FDP, bei den Gesamterneuerungswahlen 2015 den zusätzlichen Sitz herzugeben, überzeugte nicht wirklich. Niederer fand die Rechtfertigungen zum Teil «hanebüchen.» Er sagt: «Die FDP hat das Logo etwas versteckt, um diese Diskussion der Machtverteilung nicht unnötig anzufachen.»
Hanspeter Blaser, Präsident der FDP Ausserrhoden, widerspricht dem ehemaligen Ratschreiber nicht: «Wir wären wenig sensibel gewesen, wenn wir mit einem grossen Logo zusätzlich provoziert hätten.» Dennoch betont er: Das Logo sei vorhanden. Im gleichen Atemzug kritisiert er die härteste Konkurrentin um den Regierungssitz: Das Verhalten der SVP werfe Fragen auf, etwa ob keine Geschlossenheit hinter der Kandidatin bestehe. Zudem ist es für Blaser eigenartig, dass die SVP im Wahlkampf den Anspruch auf zwei Sitze betone, gleichzeitig jedoch das Logo und den Schriftzug verstecke. «Vielleicht will sich die Kandidatin so einen Anstrich von Unabhängigkeit geben.» Blaser vermutet, die Partei möchte damit Nicht-SVP-Wähler ansprechen. Diese braucht die SVP, um mit Signer mitzuhalten. SVP-Kantonalpräsident Edgar Bischof nimmt die Kritik gelassen. Er nennt sie ein Scheingefecht, um von der Frage abzulenken, ob fünf Liberale in der Regierung nicht zu viel seien. «Wir haben auf das Logo verzichtet, weil Inge Schmid nicht nur von der SVP, sondern auch vom Bauernverband und von einigen Parteiunabhängigen portiert worden ist», sagt Bischof. Am Sonntag wird sich zeigen, ob die Wahltaktiken aufgegangen sind.