WATTWIL: Der Mesmer mit dem grünen Daumen

Kurt Meier, Mesmer der evangelisch-reformierten Kirche, geht im Dezember in Pension. 32 Jahre stand er im Dienst der Kirchgemeinde und der Politischen Gemeinde.

Patricia Wichser
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Kurt Meier pflegt mit viel Herzblut die Beete vor der evangelischen Kirche in Wattwil. (Bild: Patricia Wichser)

Kurt Meier pflegt mit viel Herzblut die Beete vor der evangelischen Kirche in Wattwil. (Bild: Patricia Wichser)

Patricia Wichser

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Die Osterglocken vor der evangelischen Kirche stehen in voller Pracht. Sie sind die Handschrift des Mesmers mit dem grünen Daumen. Sind sie welk, kommen die Knollen in den Kirchturm, dort lagern sie, damit sie im Herbst wieder gesetzt werden. Aktuell ist Kurt Meier damit beschäftigt, die Dahlien vorzutreiben und die selbstgezogenen Sonnenblumensetzlinge zu pflegen, damit die Blumenbeete im Sommer genauso schön aussehen. Er ist ein naturverbundener Mensch.

In Hundwil als Bauernsohn aufgewachsen, absolvierte er die Ausbildung zum Baumwärter Obstbau. 1991 legte er die Prüfung zum Eidg. Dipl. Hauswart ab. Während 15 Jahren nahm er als Experte den Hauswart-Anwärtern die Prüfungen ab, im Fach Gartenbau. Vor seinem Stellenantritt am 1. Dezember 1985 arbeitete Kurt Meier in Urnäsch auf dem Bauamt, wo er, zusammen mit den Gärtnern, auch für den Friedhofunterhalt verantwortlich war. Doch die Arbeit um Verstorbene und ihre Angehörigen war ihm neu und ungewohnt. «Ich mag mich noch gut daran erinnern, dass bei einer ersten Beerdigung die Angehörigen wünschten, dass ich dem verstorbenen Bauern den Ohrring, den Schlangenkopf, einsetze und ich gehörig Hemmungen hatte», erinnert er sich zurück. 32 Jahre und 1800 Bestattungen später ist er wohl einer der erfahrensten Mesmer im Kanton St. Gallen. «Bei einer Beerdigung leidet man mit», gesteht Kurt Meier. «Ich habe aber die dankbare Gabe, dass ich nach einer Beerdigung das Leid auch abschliessen kann. Wenn man das nicht kann, hat man den falschen Job», erklärt Kurt Meier. Besonders bei Todesfällen von Kindern oder jungen Müttern und Vätern musste sich der Mesmer auch schon Tränen von den Augen wischen. «Besonders schlimm war die Situation vor 25 Jahren. Viele Kinder starben an plötzlichem Kindstod. Niemand wusste, warum. Da hatten wir drei Beerdigungen in einer Woche. Das war schlimm, denn unser Jüngster war im gleichen Alter wie das Verstorbene», blickt der Mesmer zurück.

Hat er am Seil gezogen wie Don Camillo?

Nebst den Bestattungen, welche in das Ressort der Politischen Gemeinde reichen, erledigt Kurt Meier sämtliche Hauswartarbeiten sowie die kirchlichen Vorbereitungen. Geheiratet wird erstaunlicherweise in der Kirche nicht so oft. «Dazu ist die Kirche zu gross. Viele suchen sich eine kleinere Kapelle aus, um zu heiraten», begründet Kurt Meier. Dieses Jahr ist noch keine Hochzeit gebucht und nächstes Jahr eine. Dafür bekommt der Wattwiler ab und zu Besuch von ganzen Schulklassen, welche den Kirchturm besichtigen möchten. «Sie bekommen dadurch einen ganz anderen Einblick», stellt Kurt Meier fest, welcher den Kindern auch einiges über die Geschichte der Kirche zu erzählen weiss. Heute geht das Kirchengeläut automatisch – früher musste es manuell erledigt werden. Musste er am Seil ziehen wie bei Don Camillo und Peppone? «Nein, nein», meinte er lachend, «das war ein Knopf, der pünktlich gedrückt werden musste.» Aber auch sonst machte die Digitalisierung keinen Halt vor dem Mesmeramt: Lautsprechanlage, iPad, Computer und auch die Heizung laufen computerge-steuert. «In meinem Beruf muss man flexibel sein», betont Meier. «Es kann sein, dass die nächsten fünf Minuten eine Beerdigung angekündigt wird und man den Schlüssel für die Aufbahrungshalle bereithalten muss», weiss der Mesmer. «Ich bin nicht der Planer», betont er. Und so hat er auch noch keine Pläne für die Zeit nach der Pensionierung. «Ich werde mehr Zeit haben für meinen Garten. Und dann wandere ich gerne oder bin mit dem Bike unterwegs. Im Winter gehe ich gerne skifahren», fasst Kurt Meier kurz und bündig zusammen.