WATTWIL: Begegnen, ausprobieren, informieren

Am dreitägigen Fest vom Wochenende fanden in Wattwils Zentrum etliche interkulturelle und Generationen-durchmischte Anlässe statt.

Silvia Bollhalder
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Ob erste Versuche in der Selbstverteidigung, Gedanken zur «Heimat» im interkulturellen Zelt erfassen oder sich in die Publikumsreihen vor der Bühne stellen: Für Inspiration wurde am Fest gesorgt. (Bild: Silvia Bollhalder)

Ob erste Versuche in der Selbstverteidigung, Gedanken zur «Heimat» im interkulturellen Zelt erfassen oder sich in die Publikumsreihen vor der Bühne stellen: Für Inspiration wurde am Fest gesorgt. (Bild: Silvia Bollhalder)

Mit Regenschirmen bewaffnet, wollten sich schon am Freitagabend und am Samstag zahlreiche Besucher die Festlichkeiten rund um den Dorfkern nicht entgehen lassen. Sonntags wurden dann die Gebete erhört. Die Sonne zeigte sich kurz, und mit den veränderten Wetterbedingungen ging auch die Besucherzahl einen grossen Schritt aufwärts. Allerdings wurde das Frühstücksangebot ab acht Uhr nur mässig genutzt. Mit der Aufnahme des Festbetriebs und der ersten Auftritte auf der Bühne strudelten jedoch immer mehr Besucher ein.

Auf Türkisch, Albanisch, Russisch, Persisch und sogar Flämisch

Man gesellte sich ins Festzelt, flanierte von Stand zu Stand oder probierte die Angebote der Vereine aus. Besonders beliebt war der Kletterturm des SAC Toggenburg. Etliche Male ertönte die «Gipfelglocke». Der Aufstieg war geschafft. Stolz liess man sich von den Profis wieder abseilen. Wer es schlagkräftiger mochte, machte seine ersten Versuche in der Kampfkunst. Einige Schläge durften ausgeteilt, etliche Holzscheite zerschlagen werden. Wer sich genug ausgetobt hatte, nahm in den Zuschauerreihen vor der Bühne Platz und liess sich von den zahlreichen Darbietungen verzaubern oder inspirieren. Das etwas verkürzte Programm vom Sonntag wartete mit gut einem Dutzend musikalischer und tänzerischer Auftritte auf.

Ebenfalls fand man Platz für die Sprache und Lyrik. Auf Türkisch, Albanisch, Russisch, Persisch und sogar Flämisch wurde vorgelesen. Spontan ­initiierte die Integrationsbeauftragte der Region, Nicole Stadler, eine kurze Darbietung zum Thema «Heimat». Gelassen hatte sie auf den Ausfall eines organisierten Programmpunkts reagiert. In ihrer jahrelangen Tätigkeit habe sie gelernt, dass in manchen anderen Kulturen gewisse Schweizer Werte wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit nicht ganz so vorrangig sind. So trommelte sie ­kurzerhand einige Involvierte ihres «interkulturellen Begegnungszeltes» zusammen, um die Programmlücke zu schliessen. Da stand dann die 13-jährige Soraya und nicht ein kurdisches Musiktrio auf der Bühne. Erstaunlich souverän in Anbetracht dessen, dass sie noch nicht einmal zwei Jahre in der Schweiz lebt, las die junge Afghanin zum Begriff «Heimat» vor. Ein Wort aus dem Jahr 1949, im Gedicht von Robert Kroiss, das genauso aktuell war wie heute.

Über jenen Begriff stolperte man auch das eine oder andere Mal im «interkulturellen Zelt», das von Nicole Stadler organisiert und von einigen regionalen Initiativen und Gruppen wie der Vortrags- und Lesegesellschaft Toggenburg, der Integra Toggenburg oder dem Kochen international unterstützt wurde. Auf einem Plakat entdeckte man unter dem Wort Heimat arabische Zeichen – von einem Herzen umrahmt – ­darunter die Übersetzung «Danke Schweiz». Daneben die Worte «Leben ist schwierig». Mit solchen Denkanstössen wollen die Integrationsbeauftragte und die vielen freiwilligen Helfer vor ­allem ins Gespräch kommen, den Austausch fördern und dabei Vorurteile ­abbauen.