Im Seniorenheim Neckertal hat Edith Rhyner als Schwesternhilfe begonnen und als Pflegerin im Nachtdienst hat sie es verlassen. Sie ist mit einem Überraschungsfest verabschiedet worden.
Cecilia Hess-Lombriser
Edith Rhyner ist in Brunnadern aufgewachsen und dem Dorf beruflich treu geblieben. Ihre Verabschiedung am Samstag im «Cafe Neckerstube» war auch ein Blick in die Geschichte des Hauses. Samuel und Elisabeth Junker, die das neu erbaute Haus 1971 als Heimleiterpaar übernommen hatten, waren als Überraschungsgäste gekommen und dazu zählte auch Anton Hirschi, der von 2005 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2015 Heimleiter gewesen war und mit dem Neubau und der Entwicklung eines neuen Konzeptes eine neue Ära eingeläutet hatte. Edith Rhyner erfuhr an diesem Nachmittag noch weitere Überraschungen. «Sie ist eine spezielle Frau», lobte Andrea Kleger, seit bald zwei Jahren Haus- und Pflegeleiterin, die scheidende Edith Rhyner. Diese hätte ihren Rückzug aus dem Berufsleben lieber ihrem Wesen entsprechend bescheiden gestalten wollen, doch daraus wurde nichts. Ihre Gesangskolleginnen vom Bäuerinnenchörli Nassen traten zusammen mit ihrem Leiter Werner Frick auf, und das Enkelkind Silvan Rhyner kam mit seinen Kameradinnen und Kameraden samt Schwyzerörgeli und ihrer Musikschullehrerin Silvia Schönenberger. Enkelin Jana Rhyner und ihre Kameradin Annelis Bösch traten mit der gleichen Lehrerin mit dem Akkordeon auf. Claudia Rhyner, die Schwiegertochter von Edith Rhyner, Verantwortliche für die Pflege im Seniorenheim Neckertal, hatte alles eingefädelt und auch dafür geschaut, dass Rhyners Fotoalbum entführt werden konnte. Mit Bildern daraus und aus der 45-jährigen Geschichte des Hauses gab es eine Präsentation, die die ehemaligen Heimleiter und Edith Rhyner kommentierten.
Als Edith Rhyner, damals noch Edith Näf, 1975 das Fachzeugnis SRK als Pflegerin aus den Händen von Ida Binkert entgegennahm, gab es die Pflegerinnenschule Toggenburg-Linth in Wattwil erst seit vier Jahren. Reinhard Fischer, Chirurg und Venenspezialist am Spital Wattwil, 2012 92-jährig gestorben, gründete zusammen mit den Chefärzten von Uznach und Flawil die Schule, weil Mangel an Pflegepersonal bestand, nachdem sich die Ingebohler Schwestern zurückgezogen hatten. Ida Binkert war die Leiterin der Schule, die bis 1997 bestand. Sie lebt noch heute in Wattwil und leitet mit ihren 80 Jahren immer noch Seniorentouren des SAC Toggenburg. Die damaligen Absolventinnen trugen bei ihrer Abschlussfeier weisse Pflegekleider. Weisse Kniesocken gehörten durchaus zum Arbeitsalltag.
Das Evangelische Alters- und Pflegeheim in Brunnadern war von Anfang an eine Ausbildungsstätte. Edith Rhyner gehörte zu den ersten Schwesternhilfen, bevor sie die damals nur eineinhalb Jahre dauernde Ausbildung absolvierte. Ab 1978 legte sie eine rund zehnjährige Familienpause ein und kam dann wieder zurück und übernahm fortan, jeweils zusammen mit einer Kollegin, den Nachtdienst. «Dieser hat mir zunehmend Mühe gemacht, und am Tag schlafen ist auch immer schwieriger geworden», verriet sie am Samstag. Aus diesem Grund hat sie sich drei Jahre vor dem eigentlichen Pensionsalter aus dem Berufsleben verabschiedet. Am Donnerstag hatte sie ihren letzten Arbeitstag.
Im Nachtdienst ist Edith Rhyner den Bewohnerinnen und Bewohnern des Seniorenheims Neckertal besonders nahe gekommen. «Sie war fürsorglich da und hat eine tiefe Beziehung zu den Menschen im Heim gepflegt. Trotzdem hat sie die Distanz wahren und auch loslassen können. Sie hat ihr ganzes Berufsleben im Haus verbracht und die Betreuung und Pflege mitgestaltet», sagte Andrea Kleger. Vor zwei Jahren hat Edith Rhyner auch ihre Mutter loslassen müssen, die zuletzt im Haus gewohnt hatte. Der Abschied und der Tod gehörten zu ihrem Berufsleben. Die präsentierten Bilder zeigten den Wandel in der Altersbetreuung. Zweierzimmer ohne Nasszellen waren lange der Standard. Einen Aufenthaltsraum gab es nicht. «Wir stellten die alten Menschen in den Gang, wo sie zum Fenster hinaus auf den Necker schauen konnten», erinnert sich Edith Rhyner. «Der Speisesaal war auch der Turnraum», informierte Samuel Junker. Zwei Arbeitszeugnisse hat er für Edith Rhyner unterschrieben. Ein Ereignis war das «Brügglifest» 1976 gewesen. Mit Spendengeldern konnte hinter dem Haus eine Brücke über den Necker gebaut werden. Heute steht das Seniorenheim Neckertal als Vorzeigehaus mit einem modernen Konzept da. Edith Rhyner hat an seiner Geschichte mitgeschrieben.