Heute findet die Alpabfahrt statt. Mit dabei ist auch Familie Biser. Der Ablauf des Tages hat sich über Jahre hinweg eingespielt, wäre heuer nicht eine kalbende Kuh.
Gianni Amstutz
gianni.amstutz@appenzellerzeitung.ch
Von Frühling bis Herbst führt Familie Biser einen Hof auf der Alp Fischegg, wo sie auch das Lillybeizli betreibt. Heute geht die Saison zu Ende. Die Familie zieht mit 35 Kühen, 8 Ziegen und 3 Pferden in Richtung Tal. «Das ist jedes Jahr ein besonderer Tag, sagt Ueli Biser. Stress verspürt er keinen. Dazu hat er schon zu viele Alpabfahrten erlebt. «Wenn man alles gut vorbereitet, ist es ein Tag zum Geniessen», pflichtet ihm seine Frau Daniela bei. Sie hat bereits im Kindesalter als «Geissemeitli» an Alpabzügen teilgenommen.
Seit 21 Jahren pachtet die Familie den Hof auf der Alp Fischegg und kennt den Ablauf des Tages deshalb aus dem Effeff. Trotzdem könne immer etwas Unvorhergesehenes passieren, sagt Daniela Biser. So auch dieses Jahr. Eine Kuh ist kurz davor zu kalben. Ueli Biser hofft, dass sie damit noch wartet, bis sie zu Hause im Tal angekommen sind. Aus der Ruhe bringt das den Bauern jedoch nicht. Denn ansonsten ist alles vorbereitet.
Die Kuhglocken stehen bereit, die Tiere sind geputzt und die Trachten liegen bereit. «Am Vorabend suche ich jeweils noch Stöcke für die Sennen und zäune den Weg ein», sagt Ueli Biser. Dann steht dem Abmarsch am Morgen nichts mehr im Weg. Bisers laufen erst um halb zwölf von ihrem Hof ab, denn im Vergleich zu anderen Sennen ist ihr Weg ins Tal recht kurz. «In eineinhalb Stunden sind wir in Urnäsch», sagt Daniel Biser.
Mit dabei sind neben einigen Helfern auch die vier Kinder. «Unsere zwei Töchter haben frei genommen und einer der beiden Söhne hat Urlaub aus dem WK beantragt», erzählt er. Diese Hilfe ist auch nötig, um alle Tiere sicher ins Tal zu bringen. Vor allem zu Beginn sei der Weg steil und die Kühe würden manchmal etwas zu schnell gehen. Ausgebüxt sei jedoch noch keine. Sobald die Gruppe die Strasse erreicht habe, sei er beruhigt, sagt Ueli Biser. Dann sei der Weg ins Dorf einfach zu bewältigen. Wichtig sei nur, dass nicht gleichzeitig ein anderer Alpabzug den Weg der Bisers kreuze. Dann müsse man die Tiere zurückhalten, was sie unruhig werden lasse.
Erreicht der Alpabzug die Strasse, dürfen sich die Sennen freuen. Neben Zuschauern warten auch Erfrischungen auf sie. Und die sind nicht immer harmlos. «Einmal wurde mir Schnaps angeboten. Den habe ich aber abgelehnt», sagt Ueli Biser lachend. Lieber sei ihm ein gespritzter Weisswein zur Stärkung.