2014 war der Kantonsrat drauf und dran, die kommunalen Ortsbildschutzzonen abzuschaffen. Der Bericht zu einem Postulat zeigt nun Erstaunliches. Es wäre ein Eingriff in die Gemeindeautonomie gewesen.
Im März 2012 haben die damaligen Kantonsräte Norbert Näf, Helmut Rottach (beide inzwischen zurückgetreten) und Ursula Rütsche die Motion «Bauen konkret fördern» und das Postulat «Ortsbildschutzzonen überprüfen» eingereicht. Die beiden Vorstösse wurden im September desselben Jahres im Kantonsrat behandelt und für erheblich erklärt – dies nachdem die Motion ebenfalls in ein Postulat umgewandelt worden war. Eigentlich hätte der Regierungsrat innerhalb eines Jahres Bericht erstatten müssen. Freilich hatte es nun etwas länger gedauert, wofür sich der neue Baudirektor Dölf Biasotto gestern entschuldigte. Überraschendes beförderte vor allem die Überprüfung der kommunalen Ortsbildschutzzonen zutage.
Zur Erinnerung: Im Oktober 2014 hatte sich der Kantonsrat mit der Teilrevision des Baugesetzes befasst und dabei grossmehrheitlich der Aufhebung der kommunalen Ortsbildschutzzone zugestimmt. Mit dem Verzicht auf Ortsbildschutzzonen könne ein Hemmschuh eliminiert werden, argumentierte damals der Präsident der parlamentarischen Kommission, Norbert Näf. Um den Charakter der Dörfer sicherzustellen, sollte eine Beratungspflicht durch ein Fachgremium eingeführt werden. Das sorgte im Nachgang für kontroverse Diskussionen. Später stoppte die Regierung die Baugesetzrevision. Der neue Entwurf wird an der Oktobersitzung des Kantonsrats behandelt.
Die SP war im Oktober 2014 für Rückweisung der Vorlage. Sie bezeichnete die Entscheidungsgrundlagen zur Abschaffung der kommunalen Ortsbildschutzzonen als dürftig. Durch den jetzt vorliegenden Bericht dürfte sie sich bestätigt fühlen. Der Regierungsrat schreibt nämlich in seinem Bericht: «Es hat sich gezeigt, dass die Zuteilung in eine kommunale Ortsbildschutzzone keinen negativen Einfluss auf die Renovationsquote der Altbauten hat. Die Altbauten ausserhalb der kommunalen Ortsbildschutzzonen werden nicht häufiger renoviert als die Altbauten in den kommunalen Ortsbildschutzzonen. Es sind andere Gründe dafür denkbar, dass die bauliche Entwicklung in den Dorfkernen als ungenügend wahrgenommen wird.»
Die eigentliche Überraschung ist aber , dass ausschliesslich die Gemeinden selbst darüber befinden können, ob sie die heute bestehenden kommunalen Ortsbildschutzzonen aufheben oder ob sie die heute geltenden zusätzlichen Bauvorschriften anpassen wollen. Mit der Aufhebung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen würden laut Regierungsrat auch die von den kommunalen Stimmberechtigten demokratisch legitimierten Entscheide aufgehoben. «Damit würde der Gesetzgeber in den von der Gemeindeautonomie geschützten Bereich eingreifen. Ein solcher Eingriff der kantonalen Behörden in kommunale Angelegenheiten ist nicht zu rechtfertigen.» Im Oktober 2014 war das noch kein Thema.
Weiter heisst es im Bericht, dass es den Gemeinden freisteht, die Denkmalpflege beizuziehen oder nicht. «Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung dazu. Damit ist klar, dass der Einfluss der kantonalen Denkmalpflege nicht beschränkt werden muss», so der Regierungsrat.
In der bevorstehenden Oktobersitzung wird sich der Ausserrhoder Kantonsrat mit dem neuen Entwurf des Baugesetzes auseinandersetzen. Vorgesehen ist, den Erneuerungsplan einzuführen. Er dient dem Zweck der Erneuerung von mehreren Grundstücken, die bereits grösstenteils überbaut sind. Der Erneuerungsplan wird von den Gemeinden erlassen. Er kann zudem ein Enteignungsrecht für einzelne Grundstücke festlegen, die für die Umsetzung der mit dem Plan verfolgten Strategie von zentraler Bedeutung sind.
Im Entwurf sind auch Anliegen des Postulanten aufgenommen worden. So sollen grundsätzlich alle Änderungen an Nutzungsplänen und Baureglementen unterstellt werden. Keine Änderung gibt es bei den Einsprachefristen in Planungsverfahren. Die Postulanten hatten eine Verkürzung von 30 auf 20 Tage vorgeschlagen. Der Regierungsrat erachtet die bewährten Fristen weiterhin als sinnvoll. Gilgian Leuzinger (FDP, Bühler) sagte, dass vor allem die Fristverlängerungen störend sind. Mehr dazu folgt spätestens in der Oktobersitzung.
Patrik Kobler
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