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Nach dem Auffinden mehrerer toter Schafe raten Experten zu Herdenschutzmassnahmen. Oft wird aber darauf verzichtet.
Im November wurden in Appenzell und Urnäsch mehrere Schafe tot aufgefunden. Die beiden Jagdverwalter, Ueli Nef, Innerrhoden, und Heinz Nigg, Ausserrhoden, gehen von Wolfsrissen aus. Die DNA-Untersuchung wird noch Wochen dauern. Halterinnen und Halter von Kleinvieh wurden per SMS gewarnt und ermahnt, beim Auslassen der Tiere Vorsicht walten zu lassen und Herdenschutzmassnahmen zu ergreifen. Trotz dieser Warnungen befinden sich Schafe mit Lämmern auf Weiden ohne Elektrozäune.
Auf Heimweiden mit kleinen und mittleren Tierbeständen sei Herdenschutz mit Hunden nicht möglich, heisst es im Merkblatt Grossraubtiere von Ausserrhoden. Heinz Nigg bekräftigt dies: Herdenschutzhunde eigneten sich nicht für die Haltung in besiedelten Gebieten. Der Einsatz von Lamas biete laut Fachleuten eine gewisse Alternative. Laut den geltenden Tierschutzvorschriften müssen Lamas immer mindestens zu zweit gehalten werden, wie alle Kameliden.
Für den Herdenschutz gilt laut Nigg und Nef die Empfehlung, Elektrozäune zu verwenden, die Zäune einwandfrei zu warten und mit leistungsfähigen Viehhütegeräten auszurüsten. Dazu gibt es ein Merkblatt mit dem Namen «Wolfschutzzäune». Für Notfälle steht beim Ausserrhoder und Innerrhoder Amt für Landwirtschaft eine gewisse Menge an Zaunmaterial zur Verfügung.
An Herdenschutzzäune gewährt der Bund finanzielle Beiträge. Dazu sagt der Präsident der «Gruppe Wolf Schweiz», und selber Schäfer, David Gerke: «Grundsätzlich sind in der Schweiz zwei Herdenschutzmassnahmen als wirksam anerkannt: Herdenschutzhunde und elektrifizierte Zäune. Für beides gibt es Vorgaben für den korrekten Einsatz, damit die Massnahmen wirksam sind – enthalten in der Herdenschutzrichtlinie des Bundes. Herdenschutzhunde bergen in der Tat ein gewisses Konfliktpotenzial, weshalb ihr Einsatz gut abgeklärt werden muss, insbesondere in der Nähe von Siedlungen und in touristischen Gebieten – im Rahmen der kantonalen Herdenschutzberatung und durch die Fachberater Herdenschutzhunde.»
Die Aussage, dass Herdenschutzhunde auf kleinen Weiden und im Siedlungsgebiet nicht eingesetzt werden könnten, sei in dieser pauschalen Form jedoch nicht richtig. Die Grösse von Herden oder Weiden sei für Herdenschutzhunde grundsätzlich nicht entscheidend. Für den Schutz seien kleine Herden und Weiden eigentlich sogar von Vorteil, da sie übersichtlicher seien.
«Es ist eher so, dass sich für kleine Herden Herdenschutzhunde finanziell nicht lohnen. Kleine Weiden im Siedlungsgebiet lassen sich hingegen fast immer sehr gut wolfsabweisend einzäunen– einfache Erreichbarkeit der Weiden, gute Zufahrt für Anlieferung des Zaunmaterials, sichere Stromversorgung für die Elektrifizierung der Zäune –, weshalb dort Herdenschutzhunde nicht unbedingt nötig sind. Dies ist auf der Alp meist anders, weshalb dort Herdenschutzhunde meist unverzichtbar sind.»
«Selber würde ich einem Schäfer, der seine Schafe nur in Siedlungsnähe hält und die Tiere im Sommer nicht auf die Alp gibt, auch dazu raten, primär auf hohe, elektrifizierte und wolfsabweisende Zäune zu setzen. Der zusätzliche Einsatz von Herdenschutzhunden ist jedoch weder technisch unmöglich, noch rechtlich verboten. Wichtig wäre in diesem Fall aber eine gute Abklärung und Prävention, insbesondere eine sorgfältige Auswahl der Herdenschutzhunde – sozialisierte, wesensfeste und menschenfreundliche Hunde – und eine gute Aufklärung der Bevölkerung,» so Gerke.