Seit gestern steht eine über 20 Meter hohe und rund drei Tonnen schwere Rottanne auf dem Wiler Hofplatz als Weihnachtsdekoration. Spenderin ist die Katholische Kirchgemeinde Lütisburg, was nicht alle freut.
Simon Dudle
Sie ist gewachsen und gewachsen, die Rottanne vor der katholischen Kirche Lütisburg. Gepflanzt wurde sie im Jahr 1963, als das Gotteshaus saniert worden war. Aus dem Bäumchen wurde nicht nur ein Baum, sondern auch ein Wahrzeichen. Mittlerweile ist die Tanne über 20 Meter hoch und rund drei Tonnen schwer.
Das Wachstum brachte zwei Probleme mit sich. «Die Tanne hat ein grosses Wurzelwerk und nimmt den kleinen Pflanzen in der Umgebung die Nahrung weg. Zudem ist der Hubretter der Feuerwehr nicht mehr genug gross, um die Weihnachtslichter anbringen zu können», sagt Werner Steiger, Verwaltungsratspräsident der Katholischen Kirchgemeinde Lütisburg. Der Lichterkranz wurde immer grösser und es hätte nun einer neuen Leitung bedurft. Im Verwaltungsrat hat man sich aus besagten Gründen entschieden, sich von der Tanne zu trennen.
Die günstigste Variante war eine Spende. Zuerst wurde der Kontakt mit St. Gallen gesucht, um die Tanne in der Adventszeit auf dem Klosterplatz aufstellen zu können. Obwohl laut Steiger aus der Hauptstadt Interesse bekundet wurde, kam es nicht dazu. «Die St. Galler holen ihre Tanne jeweils mit dem Helikopter ab. Aus Kostengründen wurde darauf verzichtet», sagt Steiger.
Darum wurde als nächstes der Kontakt mit der Stadt Wil gesucht, wo seit Beginn des Jahrtausends während der Adventszeit jeweils eine Tanne auf dem Hofplatz für weihnachtliche Stimmung sorgt (siehe Kasten). Gestern war es so weit, und die letzte Stunde dieser mächtigen Rottanne hatte auf Lütisburger Boden geschlagen. Beobachtet von einigen Schaulustigen, wurden zuerst die untersten Äste abgeschnitten und schliesslich der Stamm redimensioniert. Dieser musste später in Wil in einen Schacht passen, um Halt zu geben. Zudem sähe es nicht schön aus, wenn der Baumstamm unten dicker wäre also oben.
In Lütisburg war der Entscheid, die Tanne den Wilern zu spenden, innerhalb der Kirchgemeinde ein Diskussionsthema. «Wir haben im vergangenen Frühjahr an der Kirchbürgerversammlung darüber informiert, dass die Tanne wegkommt. Es gab dann ein Votum, dass man so etwas doch nicht machen könne», sagte Steiger. Hörte man sich gestern vor der Kirche um, so war zu vernehmen, dass dieser Entscheid gar zu Tränen geführt habe. «Natürlich ist es schade, wenn man eine Tanne umsägen muss. Irgendwann hätte sie aber sowieso weg müssen, da sie ins Gebäude gewachsen wäre», sagt Steiger.
Der Kirchenverwaltungspräsident fügt an, dass es auch dieses Jahr und in Zukunft eine Weihnachtsbeleuchtung geben wird vor der katholischen Kirche. Wenige Meter neben der gefällten Tanne wächst nämlich eine andere. Diese ist allerdings noch markant kleiner, womit die Lütisburger ab sofort mit deutlich weniger weihnachtlichem Licht auskommen müssen. Die Lichter werden ab dem kommenden Sonntag, dem 1. Advent, bis zum 6. Januar brennen. «Wir werden dort, wo die alte Tanne stand, eine neue pflanzen. Wann das sein wird, ist aber noch offen», sagt Steiger. Noch gestern Vormittag kam die grosse Tanne unversehrt in der Wiler Altstadt an. Genau wie in Lütisburg werden an ihr auch in Wil zwischen dem 1. Advent und dem 6. Januar Lichter brennen.
Seit mittlerweile 16 Jahren steht jedes Jahr eine Tanne auf dem Wiler Hofplatz. «Im Zuge der Umsetzung des Konzeptes ‹Verkehrsberuhigte Altstadt› hat der Stadtrat im November 2000 entschlossen, im Sinne einer weiteren Aufwertung jedes Jahr einen beleuchteten Weihnachtsbaum aufzustellen», sagt Stefan Hauser, Kommunikationsbeauftrager der Stadt Wil.