Skicrosserin Nicole Frei konzentriert sich nach den ersten Weltcupeinsätzen nun auf die Europacuprennen. Eine Zwischenbilanz fällt bei der C-Kaderathletin von Swiss Ski mehrheitlich positiv aus.
Urs Huwyler
Müssten die bisherigen Saisonergebnisse von Nicole Frei (Krummenau) benotet werden, stünden im Zeugnis eine 4,5, 5,0 oder gar 6,0. Je nach Kriterien, Zielsetzungen und Erwartungen. Als Basis der Beurteilung dienten die Ränge 23 (Arosa) und 21 (Montafon) bei ihren ersten Weltcupeinsätzen, zweimal Platz sieben im Europacup von Val Thorens (FRA) und Position vier im dortigen FIS-Rennen. Drei der fünf Rennen fanden also in jener französischen Skistation statt, wo sich Nicole Frei vor einem Jahr verletzt hatte und am 18. Dezember 2015 vor der elfmonatigen Pause letztmals am Start stand.
Die Bestnote 6,0 bekommt die 25-jährige Toggenburgerin dafür, dass sie nach dem Schienbeinkopf- und Armbruch (Speiche) nach zwei verpatzten Saisons den Kontakt zur internationalen Spitze wieder herstellen konnte. Dabei zu sein, schätzt sie derzeit höher ein als kurzfristige Erfolge. «Ich werde mich diese Saison deshalb auf den Europacup konzentrieren, mich dort in den einzelnen Rennen für den grossen Final zu qualifizieren versuchen. Was schwierig ist, weil verschiedentlich Weltcupfahrerinnen starten, die verletzt waren oder sich einem Test unterziehen wollen.»
Im Europacup kann intensiver auf den Runs trainiert werden. Was für die gelernte Bankkauffrau mit Profistatus im Winter wichtig ist, um speziell bei Sprüngen das Selbstvertrauen und die Sicherheit zurückzugewinnen. «Ein Problem», hat Frei erkannt, «besteht im Europacup wegen der extremen Leistungsunterschiede. Die Strecken müssen so angelegt werden, damit sie für alle fahrbar sind. Der Wechsel in den Weltcup wird dadurch grösser und die Umstellung schwieriger, obwohl wir während der Vorbereitung gut trainiert haben.» Beim Weltcupdébut in Arosa verpasste die SM-Dritte von 2014 den Final (Top 16) bei einer Laufzeit von rund 28 Sekunden um sechs Zehntel. Im österreichischen Montafon entsprach das Resultat jenem des Heimevents. Obwohl es auf der höchsten Stufe zu keinem Exploit gereicht hatte, durften die Leistungen als gut bezeichnet werden. Wettersensationen wie bei den Alpinen sind im Skicross insofern kaum möglich, weil die Teilnehmer innerhalb eines Laufs beim Kampf «Frau gegen Frau» die gleichen Bedingungen vorfinden, Schneefall oder Nebel alle gleich behindert. Durch die spektakulären Weltcuperfolge der Schweizer hat sich die seit 2010 olympische Disziplin etwas aus dem Schatten der Alpinen befreien können. Vier Männer, dazu gehört neben Niederer, Fiva und Détraz der Oberegger Marc Bischofberger, können jederzeit gewinnen, bei den Frauen ist es Ex-Weltmeisterin Fanny Smith.
Hinter ihr bilden Nicole Frei (Nummer 62 FIS-Liste), Zoe Cheli (42) und Talina Gantenbein (25) nach den Verletzungen von Sanna Lüdi (20) und Priscillia Annen (35) unter den sechs Kaderathletinnen das verbandsinterne Verfolgertrio von Smith.
Die sportlichen Perspektiven sind für das Mitglied des SC Krummenau/der TG Wolzen vielversprechend. Sprung für Sprung soll es nach oben beziehungsweise schnell nach unten gehen. Eine Rückkehr ins Alpin-Lager schliesst die einstige Riesenslalom-Spezialistin nach fünf Aktivjahren als Crosserin aus. «Den direkten Kampf finde ich faszinierend. Die Rennen sind für mich spannender und attraktiver als jene bei den Alpinen.» Dass die Lieblinge der Nation finanziell andere Voraussetzungen vorfinden, nehmen die (noch) Randsportler zur Kenntnis. Mit dem Heim-Europacup in Lenk (26./27. Januar) folgt der nächste Leistungstest. «Bis dann schalten wir eine Trainingsphase ein», erzählt Frei. Das Ziel für die beiden Rennen ist klar: Qualifikation für den Halbfinal. Nachdem bis Anfang Februar kein Weltcup mehr auf dem Programm steht, dürfte die Besetzung überdurchschnittlich sein.