Beim Krimidinner im Hotel Hirschen werden Spür- und Geschmackssinn verwöhnt. Bei Gaumenfreuden und Hochspannung kommt aber auch der Humor nicht zu kurz.
In der Regel geht zu Beginn eines Theaterstücks im Saal das Licht aus und die Bühne ist hell erleuchtet. Ganz anders beim Krimidinner im Hotel Hirschen: Gedämpftes Licht hiess es an den beiden Abenden vom Freitag und Samstag für die Gäste, die zum Stück Gaumenfreuden geniessen konnten, aufgeteilt in vier Gänge. Helles Licht bedeutete jeweils, die Schauspieler Christof Oswald, Verena Leimbacher, Christina Arends und Manfred Heinrich treten auf und nehmen die Anwesenden mit in eine Theaterprobe.
Vor dem ersten Gang also der erste Krimihappen: Gabriella (Christina Arends) tritt als junge Frau auf, die sich als Laienschauspielerin in die Truppe geschmuggelt hat. Zwischen ihr und dem berühmten Koch Vitello Tomato (Christof Oswald) soll ein Dialog geführt werden, der aber bereits von Pannen und vergessenen Texten geprägt ist. Regisseur Wotan (Manfred Heinrich) versucht, dem Chaos Struktur zu verleihen.
Doch dann drängt sich Jutta (Verena Leimbacher) in den Dialog. Gemäss eigenen Aussagen ist sie eine berühmte Schauspielerin, allerdings nur in der von ihr erträumten Karriere. Die Dialoge sind von Witz geprägt, unter anderem ist zu hören, dass Chefkoch Vitello Tomato alles hat, ausser Talent. Dass er bereits im Burgtheater in Wien ein Engagement hatte – allerdings nur im Kassahäuschen – trägt ebenfalls zur allgemeinen Heiterkeit bei. Im ersten Akt fällt zudem ein Schuss – doch eigentlich geht es beim «Aufwärmen» viel mehr um die Eitelkeiten der Akteure.
Und weil Krimi-Dinner nicht nur Unterhaltung, sondern eben auch Gaumenfreude bedeutet, folgt nach dem ersten Auftritt der Schauspieler der erste kulinarische Gang: Passend zum Thema wird eine blutrote Terrine serviert, die hervorragend mundet und den Gaumen auf weitere Freuden einstimmt. Jutta tritt im zweiten Akt als Köchin Maria auf, aus ihrem vorher perfekten Hochdeutsch wird nun ein fröhliches Gemisch von Sprachen mit einem Tessiner Einschlag. Hohn und Spott von Seiten des Chefkochs sind ihr sicher, wird sie doch vom überheblich auftretenden Vitello Tomato als alternde Schauspielerin bezeichnet.
Regisseur Wotan rauft sich die Haare und ruft in den Raum: «Schauspieler sind zarte Pflänzchen und meine Aufgabe ist es, aus einem dürren Löwenzahn einen blühenden Rosenbusch zu machen.» Keinen Rosenbusch, dafür eine blutrote Suppe – Randen mit Ingwerschaum – wird den Gästen als nächster Gaumenkitzel serviert.
Dann überschlagen sich die Ereignisse. Die Schlinge um den Täter – oder ist es eine Täterin, welche die aus Indien stammende Küchenhilfe gleich zu Beginn des Stücks in den Tod befördert hat? – zieht sich immer enger zusammen. Eines aber ist verpönt: Die Auflösung eines Kriminalstücks zu verraten. Das wäre ja wie bei einem Kriminalroman zuerst das letzte Kapitel zu lesen.
Nur soviel: Letztendlich hat das Leben die bessere Geschichte geliefert als die von der Schauspieltruppe vorgesehene. Was die vier, sie bilden einen Teil des Winterthurer Sommertheaters, als Begleitung zum kulinarischen Genuss einstudiert haben, ist von Spannung, Humor und beeindruckender Schauspielkunst geprägt. Genau so die kulinarischen Genüsse, denn sowohl der gekonnt zubereitete Hauptgang als auch der süsse Abschluss hielten, was im Vorfeld versprochen wurde.