Seit dem 1. Januar gelten neue Bestimmungen, wann eine Firma mit dem Schweizer Kreuz oder einem entsprechenden Herkunftsvermerk werben darf. Auch Toggenburger Unternehmen müssen sich darauf einstellen.
Ruben Schönenberger
ruben.schoenenberger@ toggenburgmedien.ch
Wo Schweiz draufsteht, soll auch Schweiz drin sein. So liesse sich die Zielsetzung der Markenschutzrevision zusammenfassen, die per 1. Januar in Kraft trat. Diese neuen Swissness-Bestimmungen konkretisieren, wann eine Firma ihre Produkte mit Herkunftsangaben wie «Schweizer Qualität» oder entsprechenden Wappen bewerben darf.
Neu gilt, dass bei industriellen Gütern 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen müssen. Zudem muss der wesentliche Produktionsschritt hierzulande geschehen. Bei Lebensmitteln müssen die Rohstoffe nach Gewicht zu mindestens 80 Prozent aus der Schweiz stammen. Ausgenommen sind Naturprodukte, die in der Schweiz nicht oder nur ungenügend vorhanden sind. Und auch bei der Milch gibt es eine Ausnahme: Diese muss zu 100 Prozent eine Schweizer Herkunft aufweisen können, um als Schweizer Milch klassifiziert werden zu können.
Die neuen Bestimmungen waren nicht unumstritten. Während die Revision insbesondere in der Landwirtschaft positiv aufgefasst wurde, zeigten sich einige Lebensmittelhersteller weniger begeistert. Gemäss Medienberichten verlieren zum Beispiel einige Produkte der Nestlé das Schweizer Kreuz, weil der Konzern Eier aus Freilandhaltung teilweise aus dem Ausland bezieht.
Auch im Toggenburg stossen die neuen Bestimmungen nicht nur auf Begeisterung. Ruedi Lieberherr, Geschäftsführer der Morga AG in Ebnat-Kappel, warnt gar von einem Wegzug von Firmen aus der Schweiz: «Die Problematik wird sich erst in einigen Jahren zeigen, wenn grössere Firmen Produkte nicht mehr mit dem Schweizer Kreuz auszeichnen können und daher Produktionsstätten ins Ausland verlegen.» Die Morga setzt vor allem bei jenen Produkten auf einen Vermerk der Schweizer Herkunft, die exportiert werden. Es seien nur wenige Produkte, bei denen das nun nicht mehr möglich sei.
Auch bei der Ebnat AG setzt man schon länger auf die Verwendung von Herkunftsbezeichnungen. Gemäss Direktor Michele Vela unterscheide die Firma seit Jahren zwischen selbst hergestellten und importierten Produkten. Erstere würden mit der Beizeichnung «Ebnat Switzerland» denn auch explizit gekennzeichnet. Die Swissness habe hohe Bedeutung: «Der Bezug zur Schweiz und zum Toggenburg ist für uns strategisch.» Mit den neuen Bestimmungen habe man sich frühzeitig auseinandergesetzt. Auch weiterhin erfülle die Firma bei fast allen Produkten die geforderten Kriterien.
Ähnlich tönt es bei der Peka Pinselfabrik AG in Ebnat-Kappel: «Wir erfüllen auch die neuen Bedingungen der Swissness-Gesetzgebung problemlos», sagt Geschäftsleiter Christian Nüssli. Und auch Marc T. Tümmers von der Lichtensteiger Kägi Söhne AG äussert sich so: «Wir haben auch in der Vergangenheit ausschliesslich in der Schweiz und 100 Prozent Swissness-konform produziert. Für uns ändert sich nichts.» Beim Technologieunternehmen Optrel AG in Wattwil nimmt man die Änderung ebenfalls gelassen: «Wir erfüllen auch nach der Gesetzesänderung die nötigen Anforderungen», sagt Geschäftsleitungspräsident Marco Koch.
Andere Firmen setzen bisher noch nicht bewusst auf einen Verweis auf die schweizerische Herkunft, so zum Beispiel die Alex Neher AG in Ebnat-Kappel. «Wir verzichten darauf, da wir als Lohnfertiger mit 60 Prozent Schweizer Kunden keinen direkten Nutzen dafür erkennen können», sagt Geschäftsführer Samuel Schiess. Bei der Innovative Sensor Technology IST AG aus Ebnat-Kappel spielte die Branche die grösste Rolle, warum bisher auf die Erwähnung der Schweizer Herkunft verzichtet wurde. Die Firma tritt als Zulieferin auf. Über den Nutzen von Herkunftsbezeichnungen könne man in der Zulieferindustrie sowieso streiten, sagt Finanzchef Peter Anderegg. Zudem würden die Produkte der IST in andere Maschinen verbaut und das Anbringen von Verweisen sei auf den kleinen Teilen schwierig. Dafür werde in der Werbung die schöne Landschaft im Toggenburg bewusst in den Vordergrund gestellt. «Damit haben wir auch ein wenig Swissness in eines der wichtigsten Werbemittel eingebaut», sagt Anderegg. Im Rahmen der neuen Marketingstrategie mache man sich zudem Gedanken, ob die Firma vermehrt auf Swissness setzen solle.
Auch die Hemdenherstelle- rin Kauf AG aus Ebnat-Kappel hat sich Gedanken gemacht, wie man künftig auf die Marke Schweiz setzen kann. Geschäftsführer Michael Kauf kündigt an, dass die Firma im 2017 ein Produkt lancieren wird, dass zu 100 Prozent in der Schweiz hergestellt wird. Das Produkt werde entsprechend ausgezeichnet.
Der Fokus auf die Schweizer Herkunft ist für viele Firmen ein Grundsatzentscheid. Er lohnt sich oft aber auch finanziell. Denn die Konsumenten sind bereit, für Schweizer Produkte mehr zu bezahlen. Gemäss Ralph Lehmann, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Chur, profitiert zum Beispiel die Industrie von einer Swissness-Prämie von rund zehn Prozent. Für gewisse Produkte kann diese Prämie bedeutend höher ausfallen, insbesondere für Schokolade und Uhren, wie einer Studie der Universität St. Gallen zu entnehmen ist.