Spital: Es braucht einen Marschhalt

«Die Spitalstrategie ist sinnvoll», Ausgabe vom 5. November

Kurt Hablützel, Facharzt Chirurgie, Hirschberg, Schachen Bei Reute
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«Die Spitalstrategie ist sinnvoll», Ausgabe vom 5. November

Wenn diese bislang öffentlich kommunizierte Strategie sinnvoll sein soll, müssen einige sinnvolle Fragen gewährt werden: Ist es sinnvoll, dass eine Notfallstation als langjährig bewährtes, funktionierendes und damit eingespieltes Räderwerk am kantonalen Spital in ein benachbartes Privatspital ausgelagert wird, an dem bislang keine geregelte allgemeine Notfallbehandlung möglich war und somit diese wichtige Erfahrung und auch die Infrastruktur fehlt?

Ist es sinnvoll, dass dann sowohl der internmedizinischen als auch der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung eine einsatzbereite chirurgische Mitbeurteilung der (Not-)Fälle innert nützlicher Frist fehlt?

Ist es sinnvoll, dass auch bei operativen Wahleingriffen dieser Abteilungen (Endoskopien, gynäkologischen und geburtshilflichen Eingriffen) nun kein Chirurg mehr unmittelbar zur Mitbeurteilung spezifischer Befunde oder bei Komplikationen gerufen werden kann?

Ist es sinnvoll, für das neue Konzept (bis Jahresende) Arbeitsgruppen zu bestellen, ohne dass dabei ein aktuell im Notfalldienst arbeitender Chirurg involviert ist?

Ist es sinnvoll, dass für die Auslagerung der Chirurgie und deren Notfall eine vor allem orthopädisch ausgerichtete Klinik gewählt wird, welche in Schieflage geraten ist, weil ihre langjährigen, akkreditierten, bewährten und vielseitig bekannten Belegärzte die Klinik «fluchtartig» verlassen haben?

Ist es wirklich sinnvoll, dass anlässlich der öffentlichen Information der Bevölkerung eindeutig von der Verlegung der Chirurgie an die Rosenbergklinik (mit allerdings nur sehr vagen Vorstellungen) gesprochen wurde und nun der interimistische CEO sagt, «die Chirurgie wird nicht ausgelagert»? Es gehe um «eine Zusammenarbeit mit der Klinik am Rosenberg» und «der 24-h-Notfalldienst ist gewährleistet». Diese beiden diametral verschiedenen Aussagen sind wirklich ein «Unterschied»! Die erste Aussage kommt von den «Spitalstrategen» (Gesundheitsdirektor Weishaupt, VR-Präsidentin Roth und CEO Rosenberg Hirslanden Rohner), die zweite Aussage von Interims-CEO (mit Hirslanden-Vergangenheit) und «Entwickler/Nicht-Sanierer» Steiner. Wie stellen sich die Ersteren das Sinnvolle vor? Dazu erhielten wir am Anlass keinerlei Hinweise. Wie stellt sich A. Steiner seine Sicht vor? Auch hier erhalten wir keine konkreten Angaben!

Eines nur ist gewiss: Ein Marschhalt in orientierungsloser Situation ist sinnvoll! Sinnvoll muss in dieser Pause eine Neuorientierung durch den leistungsbeauftragenden Kantonsrat und eine Besinnung auf die gesundheitspolitische Bedeutung eines vollumfänglich funktionierenden Vorderländer Spitals für die Bevölkerung sein. Sinnlos ist eine Weiterführung des Svar-Experimentes, ist es doch dadurch kontinuierlich mit den Resultaten der Spitalstrategie bergab gegangen, was letztlich zur heutigen chaotischen Situation geführt hat (siehe Artikel P. Böhi in der Appenzeller Zeitung vom 22.10.16 und offener Brief des Unterzeichnenden in derselben Zeitung).

Es wird auch endlich Zeit, über die genauen Zahlen des Svar Kenntnis zu geben, um eine objektive und gerechte Neubeurteilung der Situation einzuleiten.

Gedanken eines Aussenstehenden

Das Leben im Appenzellerland interessiert mich nach wie vor; Grund auch, weshalb ich mir erlaube, mich ins Geschehen einzumischen. Auf die Vergangenheit möchte ich nicht zurückkommen, obwohl es da wohl noch Gesprächsstoff gäbe. Zur Übergangslösung: Es liegt wohl auf der Hand, dass die Führung, ob vorübergehend oder definitiv, in die Hände einer ausgewiesenen Fachperson gegeben wird, auch unter Berücksichtigung eventueller Besonderheiten (Kommunikation, Führung usw.). Ob Herr Steiner bei der Schilderung der Lösung als ehemaliger Kader der Hirslanden (Hl.) auch tatsächlich objektiv und ohne jegliche Sentiments zu Hl. berichten kann, bleibt offen.

Mir scheint aber, dass das Spital Heiden in jedem Fall die Chirurgie behalten und ein «lebenswertes» Umfeld für die Chirurgen erhalten muss. Der Kanton soll ja die Perenität der chirurgischen Dienstleistung im Vorderland gewährleisten. Es ist aber nicht deren Aufgabe, Hl. unternehmenspolitisch Beihilfe zur Kostendeckung mit der Übersiedlung der Chirurgie zu leisten. Sollte auch Hl. nämlich einmal restrukturieren müssen, stünde der Kanton erneut vor dem Problem. Eine neue Chirurgie aufzubauen, ist nicht gerade einfach. Vernünftigerweise wäre der Akt umgekehrt: Hl. lagert zum Spital bestimmte chirurgische Akte aus (ist halt für eine Privatklinik nicht gerade ideal, da ist es eben nicht so heikel für ein öffentliches Spital). Der Akt könnte durchaus durch deren eigene Chirurgen durchgeführt und für die Benützung der Infrastruktur eine Miete bezahlt werden. Alsdann ist Hl. eine Privatklinik mit entsprechender Verrechnung der Dienstleistung, oder würden sie die Tarife dem öffentlichen Spital anpassen? Und bei Kundenvermittlung wird jeweils eine Provision bezahlt. Würde dies als Bestandteil einer Vereinbarung miteinbezogen? Und schlussendlich könnte auch geprüft werden, dass sich jedes der beiden Unternehmen auf gewisse Eingriffe spezialisiert und die Patienten entsprechend zugewiesen werden.

So habe ich versucht, gewisse Gedankengänge eines Aussenstehenden dahingehend aufzuzeigen, worauf die Vorderländer Anrecht haben, konkret und laufend informiert zu werden.