Schwere Töffs, Vescoli, Beifahrerinnen

Sie tragen Namen, die nur Insider gewohnt sind auszusprechen: «Indian», «Royal Enfield» oder «Victory». Doch den Insidern zerfliessen diese Begriffe wie Motorenöl an den Kolbenringen.

Michael Hug
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Rock 'n' Roll und schwere Töffs: Toni Vescoli und Markus Maggi, am E-Piano, am Freitag im Show-Room von James Müller. (Bild: Michael Hug)

Rock 'n' Roll und schwere Töffs: Toni Vescoli und Markus Maggi, am E-Piano, am Freitag im Show-Room von James Müller. (Bild: Michael Hug)

Sie tragen Namen, die nur Insider gewohnt sind auszusprechen: «Indian», «Royal Enfield» oder «Victory». Doch den Insidern zerfliessen diese Begriffe wie Motorenöl an den Kolbenringen. Drei Namenszüge, drei Emblemes, drei Träume, die bei den wahren Connaisseuren unter den Hardcore-Bikern Begeisterung implizieren – bei «normalen» Menschen aber gerade mal so viel auslösen wie die erste Schneeflocke im November. «So what?», denkt sich Otto Normalverbraucher, fährt mit 49 Stundenkilometern achtlos durchs Zentrum von Bütschwil und sieht nicht die Perlen, die da am Weg liegen.

Was eine «Indian» ist Natürlich stört das James Müller, den Inhaber der American Bikes AG im Innerfeld, nicht wirklich. Er weiss, dass seine Kunden aus der halben Schweiz wissen, wer und was eine «Indian» ist und um was es überhaupt geht. Um Töffs nämlich, schwere Motorräder, um Bikes. Um Bikes mit dem gewissen Etwas, um Maschinen mit dem speziellen Retro-Look, um aussergewöhnliche Zweiradboliden. Um Motorräder, die Träume evozieren, Träume von Freiheit und Abenteuer, von harten Kerlen mit Pferdeschwänzen, am Lagerfeuer, wo der Mann noch Mann sein kann. Vielleicht hat darum die brandneue, dunkelschwarze «Octane» von Victory zwei obenliegende Nockenwellen, aber keinen Soziussitz für Beifahrerinnen.

Doch am vergangenen Freitag ging es in James Müllers Bike-Laden nur am Rande um Töffs und Bikes und Cruiser ohne Beifahrersitz. Der Motorradhändler hatte sich was ganz anderes einfallen lassen: ein Konzert im Showroom. Natürlich ein Konzert, das zum Angebot passt und in etwa das gleiche Publikum anspricht – Country-Blues-Rock 'n' Roll-Liebhaber ebenso wie Biker und ihre Beifahrerinnen.

Heugümper, Rock 'n' Roller Es gibt, wenn man die Quersumme der Interessen zieht, eigentlich nur einen Musiker, der in dieses Schema passt, und das ist Toni Vescoli. Vescoli, 74, Alt-Heugümper, Rock 'n' Roller und Retro-Entertainer, ist der adäquate Mann für einen guten Event zwischen Bier, Bikes und Lederstiefeln (auch das gibt's bei American Bikes).

Vescoli zog Leute aus der ganzen weiteren Region in Müllers Laden. Für den Altrocker räumten der Chef und sein Team ebendiesen am Vortag aus, liessen dennoch die schönsten Indians, Royal Enfields und Victories in Sichtweite des Publikums stehen. Töff, Gitarre, gute Musik, passender kann eine Konzertkulisse gar nicht sein, nur das Lagerfeuer und der Schlafsack fehlten. «Ich mache immer, was ich will!», sang Barde Vescoli, und genauso macht's auch Motorradhändler James Müller: «Man muss etwas tun, damit die Leute nicht noch alle aus dem Tal rennen.» Schlimm genug, wenn sie dabei nicht mal mit seinen Motorrädern fahren.