SCHWENDE: Gemeinschaft auf der Alp

Die Alp Sigel ist eine privatrechtliche Alp- und Flurgenossenschaft. Fünf Bauern bewirtschaften mit 172 Stössen sechs Alprechte. Diese Alp ist aber nicht nur für die Landwirtschaft attraktiv.

Martin Brunner
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Karl Schmid, Albert Neff, Sepp Fässler-Wyss, Johann Mazenauer und Sepp Fässler-Rüegg bewirtschaften die Alp Sigel. (Bild: MAB)

Karl Schmid, Albert Neff, Sepp Fässler-Wyss, Johann Mazenauer und Sepp Fässler-Rüegg bewirtschaften die Alp Sigel. (Bild: MAB)

Martin Brunner

redaktion@appenzellerzeitung.ch

Wer auf der 113 Hektaren grossen Alp Sigel unterwegs ist, hört immer wieder einzelne Kühe mit einem zufriedenen Muhen. Sie haben sich schon ziemlich weit in die Höhe durchgefressen. Ab und zu tut sich links oder rechts eines der bis zu 20 Meter tiefen Wetterlöcher auf. An diesen Stellen wurde Erde abgeschwemmt und gelangte in die Hohlräume des Karstgebirges, auf dem die Alp steht.

Schon bald erscheinen Alphütten. Sie sind das Zentrum der sechs Alprechte und auch der Grund, warum sich plötzlich, abends gegen 16.30 Uhr, laute Rufe und Pfiffe in die Idylle ­mischen. Bauern steigen die Hänge hoch und rufen ihre Kühe. Diese setzen sich zwar langsam, aber doch in Bewegung. Sie wissen: Es ist Melkzeit. Allerdings dauert es seine Zeit, bis alle ihre Ställe gefunden haben. Gegen 17.30 Uhr, ebenso überraschend, ist in allen Ställen ein Surren zu hören. Dann nämlich nimmt der Landwirt Johann Mazenauer den Generator in Betrieb, der die Melkanlagen aller Bauern mit Strom versorgt.

Gemeinsame Beweidung der Alprechte

Auf der Alp Sigel gehören ein Teil der sechs Alprechte den Landwirten. «Wir sind trotzdem eine Gemeinschaft», erzählt der Alpmeister Sepp Fässler-Rüegg. «Das bringt seine speziellen Her­ausforderungen mit sich, funktioniert aber gut.» Zum Beispiel bei verschiedenen Arbeiten, denn die Tiere aller Sennen beweiden die Alprechte gemeinsam. Jeder Landwirt stellt sich deshalb für die Einrichtung der Häge zur Verfügung, hilft beim Pfahlen, Verschlauchen und anderem. «Meine Aufgabe ist es, diese Arbeiten zu organisieren und die Stunden aufzuschreiben, damit wir jeden entschädigen können.» Der Alpmeister und heutige Präsident der Genossenschaft kam mit 19 Jahren erstmals auf die Alp Sigel. Seit 1989 bewirtschaftet er Mittelhütten auf eigene Rechnung. «Im Frühling freuen wir uns jedes Jahr, wenn wir öberefahre können», sagt er. «Das zeigen auch die Kühe jeweils deutlich. Sie spüren, dass die Alpzeit kommt.» Diese Zeit auf der Alp ist für die Landwirte zwar mit Mehraufwand verbunden, gehört aber zum Jahresablauf. Und die Landwirte nehmen ihn gerne auf sich, denn die Alp ermöglicht ihnen eine zusätzliche und willkommene Futtergrundlage. Die produzierte Milch bringen sie ins Tal oder verwerten sie individuell. Die Alp Sigel ist schon seit vielen Jahren über eine steile, einteilige Seilbahn mit dem Tal verbunden. Erbaut wurde diese vor allem für den Milchtransport. Aber auch für wagemutige Wanderer stand sie zur Verfügung. Dann aber war es zum Glück ein Milchtransport, der abstürzte. «Wir entschieden uns für die Vorwärtsstrategie und investierten in eine zweiteilige Gondelbahn mit 640 Kilo Nutzlast, die modern ausgerüstet ist», sagt der Alpmeister. «Sie ist seit Mai 2011 in Betrieb und erleichtert unsere Arbeit enorm. Auch Wanderer dürfen sie benützen.»