Die Vortrags- und Lesegesellschaft Toggenburg prämierte am Freitag im Chössi-Theater den besten Text zum Thema «Liebe». Gewonnen hat Andrin Albrecht mit «Arabesque».
Das Thema «Liebe» hat viele Gesichter, und doch ist es literarisch nicht zu unterschätzen. 21 Autorinnen und Autoren haben sich der Aufgabe gestellt und am Schreibwettbewerb teilgenommen. Marianne Martig von der Vortrags- und Lesegesellschaft Toggenburg begann mit dem Gedicht von Erich Fried: «Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt die Liebe ... Viele unserer Haltungen gegenüber Personen und Sachen sind voreingenommen und negativ. Einzig die Liebe sagt das, was ist. Erich Fried traut einzig dem Blick der Liebe zu, objektiv zu sein», erklärte Marianne Martig. Objektiv beurteilten die fünf Jury-Mitglieder Felice Bosshard, Verena Roth, Roland Rüegg, Hansruedi Kugler und Marianne Martig die anonymisierten Texte. Die Kriterien waren klar: Welchen literarischen und künstlerischen Wert hat der Text? Ist er interessant aufgebaut und lebhaft geschrieben? Passt die Form mit dem Inhalt zusammen? «Die Anforderungen waren hoch und eine andere Jury hätte die Texte vielleicht anders beurteilt», machte Marianne Martig deutlich. So aber kamen die Mitglieder zu einem Urteil. Es gab zwei zweite Plätze und einen ersten. Die drei Preise sind mit 4000 Franken dotiert.
Ein zweiter Platz ging an Alexandra Neff-Signer mit dem Text «Vierecks-Beziehung». Die Geschichte beginnt rasant und der Zuhörer wird in eine eigentliche «Dreiecks-Beziehung» mitgerissen. Das leidenschaftliche Gedankenspiel im Monolog mit dem Liebhaber, die Gefühlszuordnung, welche Empfindungen zum Freund und welche zum Liebhaber gehören, das Chaos und die Angst über das «Coming-out» lassen den Zuhörer Berg und Tal fahren. Die überraschende Wendung kam im letzten Satz: «Ich liebe Dich auch, mein Bett.»
«Smilla stellt Fragen» heisst der Titel von Dagmar Wemmer, welcher ebenfalls auf den zweiten Platz gewählt wurde. Die Geschichte spielt sich in Norwegen ab und nimmt den Zuhörer auf einen berührenden philosophischen Spaziergang mit Smilla und ihrem Grossvater Tront mit. Tiefgründig, allumfassend, aber nicht langweilig. Denn die kleine Smilla stellt den Grossvater mit kritischen und altklugen Fragen zur Liebe auf den Prüfstand. Eine Geschichte, die auf Harmonie, wahrer Liebe und Konstanz beruht und die Vielfältigkeit der Liebe aufzeigt. Denn ja: Lieben kann man auch die Natur, die Schöpfung und die kleinen Dinge. «Die Liebe ist ganz gross und das Herz auch», erklärt die kleine Smilla ihrer Mutter nach dem Spaziergang. Einfach schön.
Mit «Arabesque» überzeugte der jüngste Teilnehmer Andrin Albrecht die Jury. Der Siegertext ist der Fantasyliteratur zuzuordnen. Der 21-Jährige konnte nicht persönlich an der Prämierung teilnehmen, da er einen Auslandaufenthalt absolviert. Er wurde durch seine Mutter Silvia Albrecht und Bruder Valentin Albrecht vertreten. In «Arabesque» dreht sich alles um einen alten geheimnisvollen Mann, der abends in einem Café in einer Stadt den spielenden Kindern Zaubertricks zeigt und Geschichten erzählt. Die Spannung steigt, als dieser alte Mann von einem jungen Zauberer erzählt. Durch ein verzaubertes Kabinett taucht der immer wieder in eine andere phantastische Welt ein, um seine verschwundene Liebe Diane zu suchen. Diese Welten sind kurios genauso wie abenteuerlich und halten die Spannung der Geschichte aufrecht. Doch es gibt kein Happy End. Die Jahre vergehen. Der alte Mann lauscht den Pianoklängen von «Deux Arabesques» und erinnert sich an die Harfenklänge von Diane.
Patricia Wichser