Quereinsteiger mit Rucksack

Christian Wild aus Speicher will Oberrichter werden. Einschlägige Erfahrungen hat der Physiotherapeut noch keine. Aber er sieht Parallelen zwischen dem Richteramt und seinem Beruf.

Johannes Wey
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Der Physiotherapeut Christian Wild kandidiert für einen der freiwerdenden Sitze im Ausserrhoder Obergericht. (Bild: jw)

Der Physiotherapeut Christian Wild kandidiert für einen der freiwerdenden Sitze im Ausserrhoder Obergericht. (Bild: jw)

TEUFEN. Mit einer Wahl ins Obergericht würde Christian Wild als Quereinsteiger einen Rucksack voller Erfahrungen mitbringen: Nach seiner Lehre als Metallbauschlosser arbeitete er als Snowboardlehrer, heute leitet er eine eigene Physiotherapie-Praxis mit zwei Mitarbeitenden, die eng mit Appenzellerland Sport zusammenarbeitet. «Als Snowboardlehrer habe ich gemerkt, dass ich mehr mit Menschen zu tun haben möchte», sagt Wild. Deshalb begann er im Jahr 2000 in Deutschland eine Ausbildung als Physiotherapeut. Danach arbeitete er in Praxen in St. Gallen und am Universitätsspital Zürich und war dort zuletzt als stellvertretender Cheftherapeut tätig. Seit Dezember 2011 ist er Inhaber der Praxis in Teufen, wo er auch geboren und aufgewachsen ist. Zu Hause ist der bald 37-Jährige allerdings in Speicher, zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern.

Parallelen zum Beruf

Mit einer Wahl ins Obergericht könnte sich Wild noch stärker mit Menschen und ihren Nöten beschäftigen. «Bittere Schicksale kenne ich bereits aus meiner Praxis. Und auch dort kann ich Menschen dadurch helfen, indem ich ihnen den richtigen Weg weise. Den Weg gehen müssen sie allerdings selbst.» Und Christian Wild sieht noch weitere Parallelen zwischen Gerichts- und Heilungsprozess: «Man hat ein Problem, dass man nicht alleine lösen kann. Deshalb geht man damit zu Fachleuten. Und am Ende sollte ein befriedigendes Ergebnis stehen.» Ein Richter müsse sich – genau wie der Physiotherapeut – ein objektives Urteil bilden, eine Hypothese befürworten oder verwerfen können.

Christian Wild will die Nachfolge von Regula Eugster-Luder aus Trogen antreten, die ihn zu einer Kandidatur ermutigte. Damit würde die Physiotherapeutin aus dem Mittelland quasi eins zu eins ersetzt. Sie ist in der dritten Abteilung des Gerichts tätig, die sich in erster Linie mit medizinischen Fällen auseinandersetzt. «Diese Fälle interessieren mich», sagt Wild. Bereits während seiner Zeit am Zürcher Unispital habe er sich oft mit fachübergreifenden medizinischen Themen auseinandergesetzt. Am Amt des Oberrichters reizt ihn ausserdem, dass er sich «mit einer weniger sonnigen Seite des Lebens» und den damit einhergehenden juristischen Fragen auseinandersetzen könnte.

Zuversichtlich für die Wahl

Bislang haben FDP, SVP, CVP und Bauernverband dem parteiunabhängigen Christian Wild, der seine politische Orientierung als «Mitte, leicht links» umschreibt, ihre Unterstützung zugesichert. Die SP hat sich an ihrem Parteitag vom Wochenende allerdings gegen Wild entschieden. Trotzdem blickt er den Wahlen am 3. März zuversichtlich entgegen. «Ich denke, meine Chancen stehen gut.»