In der Aula der Kantonsschule Trogen wurde am Donnerstagabend rund um das Geld debattiert. Drei prominente Referenten boten sich die Stirn. Es zeigte sich: Selbst für Experten ist dies kein einfaches Thema.
Alessia Pagani
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«Wer keines hat, braucht es. Wer es hat, spricht nicht darüber. Und die wenigsten wissen, wo es herkommt.» Diese Worte leiteten am Donnerstagabend die Podiumsdiskussion an der Kantonsschule Trogen ein. Diskutiert wurde zum Thema «Welt ohne Geld». Die Geldschöpfung wurde ebenso angesprochen wie die Vollgeld-Initiative. Die zahlreichen Fragen aus dem Publikum zeigten: Es war gleichermassen ein anspruchsvoller wie interessanter Abend. Nicht zuletzt aufgrund der wortgewandten Gäste: Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz, Rudolf Walser von der Avenir Suisse sowie der frühere Leiter des Finanzamtes St. Gallen, Reinhold Harringer. Letzterer plädiert für die Annahme der Vollgeld-Initiative: «Vollgeld bringt sichere Bankkonten, in die wir vertrauen können.»
Vollgeld ist gemäss einer Definition ein Zahlungsmittel, das von der Nationalbank in Umlauf gebracht wird. Sprich: Münzen und Noten. Diese machen allerdings nur 10 Prozent des gesamten im Umlauf befindlichen Geldes aus, 90 Prozent sind elektronisches Geld – auch Buchgeld genannt. Dieses wird von den Banken erzeugt. In der Initiativschrift heisst es dazu: «Es ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern nur ein Versprechen der Banken, bei Bedarf Bargeld auszuzahlen. Gerät eine Bank in Schieflage, können Kunden ihr Geld nicht mehr abheben.» Die Initiative fordert deshalb, dass künftig das elektronische Geld nur noch von der Nationalbank hergestellt wird. Dadurch könne sie auch frühzeitig die Geldmenge beeinflussen und auf Änderungen im System reagieren. Zudem habe die Nationalbank keinen Anreiz, Gewinn zu erzielen, wie etwa Banken.
«Die Schweiz ist eines der reichsten Länder, aber jedes sechste Kind lebt in Armut, und jedes zehnte ist davon bedroht», sagte Reinhold Harringer auf die Frage seines Gesprächspartners Pierin Vincenz, ob im Finanzmarkt und in der Geldpolitik überhaupt ein Problem bestehe. «Wir haben ein grosses verteilungspolitisches Problem, und das hängt mit dem Geldsystem zusammen», so Harringer. «Das Geld auf den Banken ist nur sicher, dank der Einlagensicherung.» Es brauche immer die Garantie des Staates in diesem Punkt. «Das ist ein Problem.» Also Hauptknackpunkt nennt Harringer, dass das Schweizer Finanzsystem auf Schulden aufgebaut sei. «Diese wachsen exponentiell. So ein System kann auf Dauer nicht funktionieren.» Rudolf Walser gab seinem Gesprächspartner dahin gehend recht, dass jedes Finanzsystem mit Risiken verbunden sei, damit hatte es sich an diesem Abend mit der übereinstimmenden Meinung der zwei Gesprächspartner. Das Risikoproblem in der Schweiz sei lösbar und die Geldpolitik vernünftig. «Schulden sind an und für sich kein Problem, wenn sie bedient werden können. Sie müssen in vernünftigem Rahmen gehalten werden», so Walser. Weiter bezweifelt er, dass die Vollgeld-Initiative die Lösung aller finanzpolitischen Probleme ist: «Sie würde nur eines von vielen Risiken eliminieren, nämlich das Liquiditätsrisiko.» Monetäre Ungleichheiten könnten nicht mit dem Finanzsystem ausgeglichen werden.
Pierin Vincenz gab zu bedenken, dass die Nationalbank bereits jetzt die Geldmenge steuern könne. In Anbetracht deren Entscheidungen in den vergangenen Jahren – etwa die Einführung von Negativzinsen oder die schwankende Wechselkurspolitik – sagte der Ex-Banker in seiner gewohnt offenen Art: «Ich bin dagegen, der Nationalbank noch mehr Macht zu geben. Alle diese Fragestellungen gehen an unserem demokratischen System völlig vorbei.» Man stimme immer über alles ab, «aber in die entscheidenden Fragen werden wir nicht mehr eingebunden». Gleichzeitig macht Vincenz auch auf notwendige Regulierungen aufmerksam. «Ich finde es schade, dass man Banken nicht in Konkurs gehen lässt. Das wäre normale Marktwirtschaft.»