Ortsplanungsrevision
«Die Situation ist eine Lehre»: Gemeinderat Walzenhausen verletzt Ausstandsregeln und muss Ortsplanung abbrechen

Walzenhausen muss seine Zonen neu planen. Dabei sind zwei Mitgliedern des Gemeinderats Fehler unterlaufen. Darum wird der Prozess gestoppt und neu gestartet.

Selina Schmid
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Der Gemeinderat Walzenhausen hat bei der Ortsplanung Ausstandsregeln verletzt.

Der Gemeinderat Walzenhausen hat bei der Ortsplanung Ausstandsregeln verletzt.

Bild: Benjamin Manser

Dem Gemeinderat Walzenhausen sind Fehler unterlaufen. Bei der Revision des Teilzonenplans haben zwei Gemeinderäte die Regeln verletzt, welche vorschreiben, wann ein Mitglied in den Ausstand treten muss. Darum wird der Prozess der Ortsplanung, welcher im Herbst 2017 begann, kurzerhand gestoppt und neu gestartet. Das hat die Gemeinde am Donnerstag mitgeteilt.

Involviert sind der Gemeindepräsident Michael Litscher und der Vizepräsident Roger Rüesch. Litscher war, wie seine Vorgänger vor ihm, Mitglied im Verwaltungsrat der Bauland Erschliessungs AG Walzenhausen (BEG). Das Unternehmen besitzt Grundstücke im Dorfzentrum, welche von der Revision betroffen sind. Im März 2020 wurde klar, dass sein Mandat in der Funktion als Gemeindepräsident einen Interessenskonflikt mit der Ortsplanungsrevision darstellt, weshalb Litscher seinen sofortigen Rücktritt als Verwaltungsrat gegeben habe.

Roger Rüesch, Gemeinderat Walzenhausen.

Roger Rüesch, Gemeinderat Walzenhausen.

Bild: PD

Roger Rüesch dagegen hatte 2018 ein Grundstück in der Landwirtschaftszone gekauft, welches gemäss der Ortsplanungsrevision in Bauland umgezont werden sollte. Die BEG hat auf dieses Gebiet ein Kaufrecht. Rüesch war zwar bei den Einzelerlassen durch den Gemeinderat in Ausstand getreten, sagt Michael Litscher auf Anfrage. Dies jedoch nicht ausreichend konsequent bei den vorbereitenden Arbeiten, wie Gesprächen mit Grundeigentümern oder Arbeiten an den Planungsentwürfen, so Litscher.

Regeln zu wenig beachtet

Die Bauzone von Walzenhausen ist 4,4 Hektaren zu gross. Nach dem kantonalen Richtplan muss die Gemeinde ihre Gebiete neu planen. Bei jedem Geschäft werden die Ausstandsregeln geprüft, so Litscher. «Das taten wir auch bei der Ortsplanungsrevision. Folglich sind einzelne Mitglieder in den Ausstand getreten. Bedauerlicherweise erfolgte dies nicht mit der notwendigen Sorgfalt. Im Nachhinein haben wir den Regeln zu wenig Beachtung geschenkt.»

Michael Litscher, Gemeindepräsident Walzenhausen.

Michael Litscher, Gemeindepräsident Walzenhausen.

Bild: PD

Das war dem Gemeinderat im Verlauf des Jahres 2022 aufgefallen. Zweimal hat er beim Regierungsrat diesbezügliche Anträge gestellt und um Klärung gebeten. Gleichzeitig hätten zwei externe Juristen die möglichen Fehler vertieft abgeklärt und die Vermutung bestätigt. «So kam für uns eine Weiterführung der Ortsplanungsrevision nicht in Frage», sagt Litscher.

Der revidierte Zonenplan soll bereits im kommenden Winter vorliegen. Davor erfolgen eine erneute Vorprüfung durch den Kanton und die Durchführung eines Mitwirkungsverfahrens. Das kostet Zeit. Litscher sagt aber: «Der Gemeinderat will lieber heute einen ehrlichen, realistischen und transparenten Entscheid fällen, als später ein negatives Abstimmungsresultat oder einen negativen Gerichtsentscheid entgegennehmen.»

Gemeinderat beginnt nicht bei null

Auf die Gemeinde kommen dadurch auch Mehrkosten zu, wie Litscher bestätigt. Allerdings werden sich diese eher im tiefen fünfstelligen Bereich bewegen. Die kostspieligsten Punkte können aus dem bisherigen Prozess beibehalten werden. Litscher sagt: «Horrende Zusatzkosten sollten dadurch keine entstehen.»

Denn ganz bei null wird der Gemeinderat nicht beginnen müssen. In den letzten Jahren hat der Gemeinderat zusammen mit dem Raumplanungsbüro die Grundlagen der Ortsplanung erarbeitet. Das zuständige Departement des Kantons Appenzell Ausserrhoden hat die inhaltliche Recht- und Zweckmässigkeit bestätigt. Darauf könne aufgebaut werden, so Litscher.

Dazu hat die Gemeinde mit rund sechzig Grundstückeigentümern öffentlich-rechtliche Verträge abgeschlossen. Sie regeln zum einen Überbauungsverpflichtungen und zum anderen Zuweisungen von Bauland in eine Nichtbauzone. Diese Verträge behalten trotz des Neustarts ihre Gültigkeit. Darum schätzt Litscher den Zeitplan als realistisch ein. «Der Gemeinderat muss nicht alles von Null auf neu erarbeiten, sondern er überprüft vor allem die erarbeiteten Planungsinstrumente.»

Litscher betont, dass man die Ausstandsregeln nicht total verletzt habe. «Aber für uns ist die Situation eine Lehre.» Künftig werden potenzielle Ausstandgründe nicht erst bei der Behandlung im Gemeinderat geprüft, sondern weit vorher. Bei der Ortsplanungsrevision bestehen durch den Rücktritt von Michael Litscher aus dem Verwaltungsrat der BEG seit drei Jahren keine Ausstandsgründe mehr. Roger Rüesch stellt sich nicht mehr für die Gesamterneuerungswahlen im Mai zur Verfügung und werde bis dann in diesem Geschäft in den Ausstand treten.