Die Geschichte kam mir in den Sinn, nachdem ich beim Hausarzt Augentropfen geholt hatte. Sie waren mir ausgegangen, den Artikelnamen hatte ich vergessen, es klingt fast alles gleich – Lakrinom, Lakrikon oder so.
Die Geschichte kam mir in den Sinn, nachdem ich beim Hausarzt Augentropfen geholt hatte. Sie waren mir ausgegangen, den Artikelnamen hatte ich vergessen, es klingt fast alles gleich – Lakrinom, Lakrikon oder so. Von denjenigen, die ich letztes Mal gebraucht habe, sagte der Arzt, seien keine mehr vorrätig. Er gebe mir etwas Ähnliches mit der gleichen Wirkung. Auf dem Heimweg war mir, als klinge in meinen Ohren: «Nütz mos i haa…!» Eine Mutter hatte ihren Buben ins Dorf geschickt, um ein Augenmittel namens Nix zu holen. Das Medikament wie die Werbung «Nix isch guet för d Auge» kennt heute niemand mehr. Auch meine Suche im Internet blieb erfolglos. «Wie heisst das?», fragte der Bub, mit Betonung auf Wie. «Nix. Soll ich es dir aufschreiben?» Der Bub lachte. «Heisst das wirklich so? Nix ist wie <Nütz>, das kann ich wohl noch behalten – <Nütz>!» Der Bub rannte los, las Tannzapfen auf, übte sich übermütig im Werfen und sang den halbstündigen Wiesen- und Waldweg hinauf bis zum Dorf: «Nütz mos i haa, nütz mos i haa!» Nach einer kleinen Rauferei mit andern Buben, stand er atemlos in einem Zimmer, wo er nach seinem Begehren gefragt wurde. «Nütz», brachte er heraus und seine Augen leuchteten. «Was willst du?» Ein Mann war nahe vor ihn getreten. «Ebe Nütz», wiederholte der Bub, jetzt etwas zaghafter. «Willst du uns zum Narren halten?» Der Mann sah ihn streng an. Der Bub trat von einem Fuss auf den andern. Ihm kam beim besten Willen das andere Wort für «Nütz» nicht in den Sinn, und er stotterte vor sich hin: «Nütz mos i ha, nütz – !» «Hau ab, du Schnöderlig!» Der Doktor buxierte den Buben hinaus. Er lasse sich nicht foppen. Enttäuscht und langsam trat der Bub den Heimweg an. Bei «öserem Tokter» wäre solches nicht passiert. Erstens hat er Karteien, wo er alles nachschauen kann, und er hat auch eigene Kinder. Er weiss sicher um das Verhalten von «Buebe», das sich im Wesentlichen kaum geändert hat, auch wenn zwischen der kleinen Episode, die mir meine Mutter von ihrem Bruder erzählte, fast ein Jahrhundert liegt.
Esther Ferrari