Nachbarschaftsstreit in Walzenhausen: Knatsch um Matsch und Dreck

Ernst Züst hat viele Einsprachen gegen Walzenhausener Bauvorhaben eingereicht. Nun wird er selbst angeprangert.

Astrid Zysset
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Die Kiesstrasse schlängelt sich links am ehemaligen Schulhaus im Walzenhausener Ortsteil Lachen entlang. Der Weg ist schmal, links und rechts wird er durch Abhänge und Wiesborde gesäumt. Ein Queren zweier Autos? Nicht möglich. Dafür reicht der Platz nicht aus. Ein parkiertes Fahrzeug blockiert jedoch die Strasse. Abgestellt hat es einer der Anwohner, Roger Mathys. Er sagt:

«So kann Ernst Züst nicht weiter rauf fahren. Das ist der einzige Grund, warum das Auto hier steht.»

Züst nutzt das Haus am Anfang der Privatstrasse als Wochenend-Domizil. Wochentags wohnt er in Horgen. Zudem ist er Mitglied der Interessensgemeinschaft Pro Lachen AR. In der Gemeinde ist er bekannt dafür, gegen zahlreiche Bauvorhaben Einsprachen eingereicht zu haben und öffentliche Kritik an der Gemeindeverwaltung zu üben.

Mit den Anwohnern in Lachen war ein Auskommen bislang möglich. Doch das Blatt hat sich gewendet. Die Situation ist festgefahren. Mathys sieht sich als Sprecher für die übrigen insgesamt fünf Parteien der Strasse. «Züst macht uns das Leben schwer. Jetzt tun wir es ihm gleich.»

Baustopp und Polizeieinsatz

Auslöser war ein Park- und Wendeplatz, den Züst weiter oben an der Strasse auf einer seiner Parzellen realisieren wollte. Problem nur: Just unterhalb dieser Parzelle befindet sich das Haus der Lebenspartnerin von Roger Mathys. Deren Grundstück reicht nach oben bis zur Stelle, wo der Park- und Wendeplatz entstehen soll. Mathys hatte Sorge, dass der Hang ins Rutschen kommen könnte und pochte auf eine Mauer. Er reichte Einsprache gegen das Bauprojekt ein.

Die Baubewilligung wurde kürzlich den Bauherrn und den beiden Einsprechern – ein weiterer Anwohner hatte ebenfalls eine solche eingegeben – zugestellt. In dieser fand sich der Hinweis, dass die Einsprachen während einer Frist von zwei Wochen weitergezogen werden könnten. Der Sohn Ernst Züsts habe daraufhin Mathys in Aussicht gestellt, dass man sich einigen werde. Jener zeigte sich zuversichtlich. Trotzdem fuhren die Bagger auf und hoben ein Loch aus. Gemäss Mathys verfügte die Gemeinde einen Baustopp, die Polizei kam. Tags darauf seien Ernst Züst und sein Sohn auf der Baustelle gewesen. Die Situation mit dem Anwohner drohte zu eskalieren.

Situation mit Anwohnern ist festgefahren

Mathys kann es nicht fassen: «Ernst Züst macht ‹Einsprachen gegen jedes Vogelhäuschen›. Er selbst will sich jedoch an keine Auflagen halten.» Die Situation ist vertrakt. Gemeindepräsident Michael Litscher kann aufgrund des laufenden Verfahrens nur bedingt Stellung beziehen. Er lässt per E-Mail mitteilen: «Die zuständigen Personen der Gemeinde Walzenhausen wurden mehrfach auf allfällige nicht bewilligte Bautätigkeiten auf dem Gemeindegebiet hingewiesen. Diesbezüglich wurden Baukontrollen von Seiten der Gemeinde vorgenommen. Die entsprechenden rechtlichen Schritte wurden in die Wege geleitet.»

Es wurde zu einer persönlichen Fehde

Wie es nun weiter geht, hängt davon ab, ob die Anwohner die Einsprachen weiterziehen werden. Der selbst ernannte Sprecher des Quartiers weiss noch nicht, ob er das tun wird. Es gehe ins Geld, seufzt er. Er möchte vordergründig eine Fristverlängerung erwirken, bis er sich im Klaren darüber ist, wie es weiter geht. Trotz all des Ärgers hat Mathys das Lachen nicht verloren: «Ich kann die Sache sportlich sehen. Wir hier im Quartier sind wohl so etwas wie die IG Lachen downtown», sagt er und lacht. Trotzdem: Die Auseinandersetzung ist zu einer persönlichen Fehde geworden: Ernst Züst gegen den Rest des Quartiers. «Er wollte es so», sagt Mathys achselzuckend. Er zeigt auf die Birken, die oberhalb des möglichen Park- und Wendeplatzes gepflanzt wurden.

«In fünf Jahren haben die Anwohner von oben keine Aussicht mehr auf den Bodensee. Das hat er mit Absicht gemacht.»

Weiter hinten entlang der Strasse findet sich ein weiteres Bauprojekt Ernst Züsts. Es sieht aus, als wäre der Bau einer Zufahrt begonnen worden.

Genug ist genug. Ernst Züst sollte das Fahrrecht auf der Strasse verwehrt werden, findet Mathys. Darum blockiert das Auto nun den Weg. «Züst stellt sich in der Öffentlichkeit als Saubermann dar, der Wert darauf legt, dass alle Vorschriften eingehalten werden und hat darum schon etliche Einsprachen eingelegt. Und selbst scheint er das nicht so genau zu nehmen. Das regt mich auf.»

Ernst Züst weist jede Schuld von sich. Die Erdarbeiten, die bereits vonstatten gingen, seien losgelöst von der Baubewilligung für den Park- und Wendeplatz erfolgt. Genau genommen seien diese Arbeiten und die Erstellung eines Sitzplatzes von weniger als 25 Quadratmetern bewilligungsfrei, gibt Züst weiter an. Es brauche deshalb dafür kein Baugesuch. Mit dem Bau des Park- und Wendeplatzes habe er noch gar nicht begonnen. Auch für sein zweites Projekt am Ende der Strasse habe es weder ein Baugesuch noch eine Baubewilligung gebraucht. Es seien lediglich Erdarbeiten gewesen, um einen Schnitt im Terrain auszugleichen.

Weiter gibt Züst an, dass es nie zu einer Eskalation der Situation mit Mathys gekommen sei. Allerdings bestätigt er, dass das Verhältnis mit den Anwohnern angespannt sei. Die Schuld sieht er allerdings nicht bei sich. Auslöser sei unter anderem der seit 2006 anhaltende Konflikt um ein Bauvorhaben, das in der Planungszone liegt und just neben dem Anwesen von Mathys entstehen soll. Züst legte Einsprache ein. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Das Baugesuch wurde mittlerweile sistiert.

Über 30 Einsprachen

Das Seilziehen habe zu einem tiefen Graben im nachbarschaftlichen Frieden geführt. Züst wirft dem Gemeinderat vor, bezüglich Baulandplanung «willkürliche, parteiische und schikanöse Entscheidungen» zu treffen. «Solange dies der Fall ist, wird der Unfrieden anhalten.» Im Ortsteil Lachen kam es in den vergangenen Jahren zu über 30 Einsprachen. Für Züst sind das notwendige Massnahmen. «Einsprachen sind ein legitimes Mittel, um Willkür, Begünstigung und die Verschandelung des landschaftlich besonders empfindlichen Baugebiets zu bekämpfen.»