Liebe Redaktion

Da bin ich kürzlich quer durch unseren Kanton gefahren und habe dabei so richtig die Plakate für die Ergänzungswahlen in den Regierungsrat und ihre Aufschriften studiert. Meine Erkenntnisse? Was uns da FDP und SVP mitteilen, ist schon allerhand.

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Da bin ich kürzlich quer durch unseren Kanton gefahren und habe dabei so richtig die Plakate für die Ergänzungswahlen in den Regierungsrat und ihre Aufschriften studiert. Meine Erkenntnisse? Was uns da FDP und SVP mitteilen, ist schon allerhand. Die FDP präsentiert uns «den Regierungsrat für Sie». Das heisst doch mit andern Worten, dass der aktuelle Regierungsrat aus Mitgliedern besteht, die eben nicht für uns, für Otto Normalverbraucher, tätig sind, sondern allenfalls für gewisse Minderheiten wie etwa für die Hebammen oder die Juristen, für die Meisterlandwirte oder die Mechaniker, für die Baubranche oder Altersheime. Und erst jetzt kommt einer, der wirklich für uns alle, für Dich und mich, regieren und sich für alle unsere Interessen einsetzen will. Hoppla, dass wir das nicht früher gemerkt haben! Aber lernen wir daraus, dass jetzt Werbeleute Menschen wie Waschmittel verkaufen. Den Vogel aber abgeschossen hat die SVP. Von ihr weiss man, dass sie Informationen so zusammenpresst, dass nur noch ganz kernige Schlagwörter übrigbleiben. Die jüngste dieser sprachlichen Reduktionen ist als Aufkleber auf den Wahlplakaten in leuchtendem Gelb zu sehen: «Jetzt eine Frau». Das lässt doch den Schluss zu, dass die SVP-Kandidatin bis vor kurzem ein Mann gewesen ist und sich jetzt im Hinblick auf die Wahlen hat umwandeln lassen. Natürlich könnte man auch meinen, die Aussage sei unvollständig und müsste heissen: «Jetzt eine Frau in den Regierungsrat». Aber selbst die SVP dürfte wissen, dass bereits eine Frau Mitglied des Regierungsrats ist und der Aufkleber somit nicht derart erweitert werden kann.

Es bleibt dabei: Aus Ingo oder Ingemar ist Inge geworden, die ganz der Sache, nicht aber einer verständlichen Sprache verpflichtet ist, und die FDP bringt endlich einen Kandidaten, der das ganze Volk vertritt und sich für uns alle einsetzt. Weisser geht's nicht.

Röbi Rohner

*Der fiktive Röbi Rohner wohnt in Appenzell Ausserrhoden. Er ist ein sehr aufmerksamer Zeitungsleser. Wenn er sich freut oder ärgert, schreibt er der Redaktion eine E-Mail.