LIEBE: Liebe trotz Schicksalsschlägen

Bei einer Hochzeit schwören sich die Liebenden ewige Treue. Was es wirklich heisst, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen, zeigt das junge Ehepaar Eugster aus Bühler auf eindrückliche Weise.

Alessia Pagani
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Sandra und Roger Eugster sind seit über zehn Jahren ein unschlagbares Team.

Sandra und Roger Eugster sind seit über zehn Jahren ein unschlagbares Team.

Mit 20 Jahren fängt das Leben erst richtig an. Man geht in den Ausgang, trifft sich mit Freunden und startet im Berufsleben durch. So auch Sandra Eugster, die im Jahr 2004 gerade erst aus dem Elternhaus in Bühler in die eigene Wohnung gezogen war und das Erwachsensein genoss. Sie hatte eine Anstellung gefunden und damals im November 2004 ihren jetzigen Ehemann Roger kennen gelernt, als das Schicksal unerbittlich zuschlug. Ein Jahr nach dem Kennenlernen von Roger und Sandra hatte die damals 21-Jährige eines Morgens kein Gefühl mehr in den Beinen. «Ich habe noch gedacht, ich hätte einen Nerv eingeklemmt.» Wenn dem nur so gewesen wäre…

Schon in der Jugend hatte Sandra immer wieder solche Beschwerden. Irgendwann haben die Ärzte dies als psychischen Stress abgetan. Dieses Mal sollten sie etwas Schlimmes finden. «Meine Mutter sagte noch, hoffentlich finden sie nichts. Und ich sagte nur: Hoffentlich finden die endlich etwas.» Mit dem, was ihr die Ärzte im Anschluss sagten, hätte die lebensfrohe Frau allerdings nie gerechnet: Bei Sandra wurde Multiple Sklerose diagnostiziert. Was für andere ein Trennungsgrund wäre, schreckte Sandras Liebsten nicht ab, im Gegenteil. Roger, auch eben erst 22 Jahre alt geworden, blieb bei seiner grossen Liebe. Gemeinsam gehen die beiden seit dem ersten Tag durch alle Hochs und Tiefs. Denn die Krankheit ist nicht der einzige Schicksalsschlag, mit dem Sandra zu kämpfen hatte. Bei ihrem Vater wurde Darmkrebs diagnostiziert. Als er auf dem Weg der Besserung war, feierte das Paar im Juli 2010 Hochzeit. Nach den Flitterwochen folgte die nächste Schocknachricht: Sandras Vater hatte einen Rückfall. So musste Sandra im Alter von nur 30 Jahren Abschied von ihrem geliebten Vater nehmen. Zeitgleich wurde bei Sandras Mutter Brustkrebs diagnostiziert. «Diese schwierige Zeit hat uns noch mehr zusammengeschweisst», sagt Sandra heute rückblickend. Nach zwei starken Schüben ist die heute 32-Jährige nur noch bedingt belastbar, hat keine Kraft mehr in ihrer linken Körperhälfte. Selbst ein Glas hochzuheben fällt ihr schwer. Immer wieder muss sie Kortison-Therapien machen und Medikamente nehmen. «All das macht mich wirr im Kopf und unheimlich müde.» Manchmal müsse ihr Roger die Treppe hoch helfen. «Wir waren bei der Diagnose erst ein Jahr zusammen. Ich habe ihm gesagt, er müsse nicht aus Mitleid bei mir bleiben.» Für Roger kam eine Trennung allerdings nie in Frage. «Einmal Ja gesagt heisst Ja gesagt.» Immer wieder spricht er seiner Frau Mut zu, sagt: «Gemeinsam schaffen wir das.»

Im Gespräch merkt man der jungen, hübschen Frau den Lebensmut an. Sie hadert nicht mit ihrem Schicksal. «Aber manchmal verstehe ich es nicht, wenn andere wegen Lappalien wie Kopfschmerzen ein Riesen-Tamtam veranstalten.» Man lerne mit der Krankheit zu leben. «Wir planen einfach nicht mehr lange im voraus, sondern nur für den nächsten Tag», sagt Roger. Die beiden gehen gerne auf Reisen. «Aber wir geniessen auch oft unsere Zeit zu Hause.» Im Februar vergangenen Jahres sind sie in ihr Eigenheim in Bühler gezogen. Den Rohbau hat Roger als gelernter Maurer selber miterstellt. In der Stube steht ein Bild aus den Anfängen der Beziehung – als sie sich im «Gade» in Gais kennen gelernt haben. Regelmässig ist Sandra damals vor über zwölf Jahren mit ihrer besten Freundin in die Bar gefahren. Eines Abend erblickte sie dort Roger. «Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich habe sofort gewusst: Diesen Mann will ich kennen lernen.» Noch am selben Abend schrieb Roger ein SMS –die Nummer hatte er auf Nachfrage von einem Bekannten erhalten. «Schade, bist du gegangen», blinkte auf Sandras Handydisplay auf. In der Folge glühten die Tasten förmlich, Sandra und Roger schreiben sich täglich Nachrichten. «Nach den vielen SMS habe ich eigentlich schon gedacht, dass er mich gar nicht wiedersehen möchte. Und ich war zu scheu, um den ersten Schritt zu machen», sagt Sandra. Sie sollten sich noch einige Male unverbindlich treffen, bis schliesslich sechs Wochen später an Neujahr der erste Kuss folgte. Seit jenem Tag sind Sandra und Roger Eugster unzertrennlich. Während sie ihrem Ehemann verliebte Blicke zuwirft, sagt Sandra Eugster: «Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand so viel Geduld hat.»