LICHTENSTEIG. Mit einem Städtlimanager will Lichtensteig mehr Kulturtouristen ins Städtli holen, die auch in den Läden und Restaurants für mehr Umsatz sorgen. Was erwarten die Lichtensteiger Museen und Gewerbler vom Kulturvermarkter? Die Umfrage zeigt: Sie sind vorsichtig optimistisch.
LICHTENSTEIG. Die Suche nach einem Städtlimanager, der als Kulturvernetzer die touristische Wertschöpfung in Lichtensteig steigern soll, geht in die zweite Runde. Letzten Herbst konnte sich der Trägerverein nicht auf ein Anforderungsprofil einigen und entschied sich, die erste Bewerbungsrunde abzubrechen. Die Frage der Ausrichtung ist unterdessen entschieden: Der Städtlimanager soll kein reiner Werber sein und auch keiner, der die Administration führt. Er soll neue Kunden in die Kulturstadt Lichtensteig holen, die zum Museumsbesuch gleich noch ein paar Franken in den Restaurants und Läden ausgeben.
Mit dieser Ausrichtung scheint der Trägerverein die Bedürfnisse der Kulturveranstalter zu treffen. Zum Beispiel Fredy Künzle: Er führt seit 37 Jahren in Lichtensteig Fredys mechanisches Musikmuseum als Privatmuseum. Rund 5000 Besucherinnen und Besucher lassen sich jedes Jahr durch seine beeindruckende Sammlung von Spieldosen, Drehorgeln und selbst spielenden Orchestern führen. Viele dieser Führungen macht er selbst. Sein Hauptinteresse an einem Städtlimanager? «Ich brauche jemanden, der mir die telefonischen Anfragen, Reservationen und Buchungen von Führungen abnimmt», sagt Fredy Künzle. Er habe über viele Jahre hinweg jeweils täglich bis zu zwei Stunden am Telefon «vertrödelt». Denn in der Regel steht er in seiner Werkstatt und restauriert Drehorgeln. Er wäre sehr zufrieden, wenn ein Städtlimanager oder die Gemeindeverwaltung diese telefonischen Buchungen übernehmen könnte. Dass der Städtlimanager Reisepakete auf Provisionsbasis verkaufen soll, findet er eine gute Idee. Die Zusammenarbeit mit dem Reisebüro der SBB, das es leider nicht mehr gebe, habe früher genauso funktioniert: «Am Jahresende rechneten wir ab und ich zahlte acht Prozent des zusätzlichen Umsatzes an das Reisebüro.» Nach diesem Modell könnte auch der Städtlimanager mitfinanziert werden, meint Fredy Künzle. Neben 20 000 Franken Unterstützung von der Gemeinde und 11 000 Franken vom Amt für Kultur sind 19 000 Franken im Jahresbudget als Einnahmen durch Provisionen eingerechnet. In Fredys mechanischem Musikmuseum gibt es auch einen Partyraum, wo die Museumsbesucher Apéros buchen können. Für Gruppen organisiert er dort Essen, die er sich vom Lichtensteiger Metzger Preisig liefern lässt. Das lohne sich aber nur für Gruppen ab 30 Personen. Kleinere Gruppen vermittle er an die lokalen Restaurants.
Museumsbesucher machen allerdings einen kleinen Teil des Umsatzes aus, sagt Roland Huber, Geschäftsführer des Café Huber, das an zentraler Lage im Städtli Hotel, Restaurant und Bäckerei/Konditorei unter einem Dach verbindet. Spürbar seien die Museumstouristen am Mittwoch (dann hat die Erlebniswelt geöffnet) und teilweise auch an den Wochenenden, wenn die anderen Museen geöffnet sind. Er sei zwar nicht aktiv im Trägerverein tätig, aber grundsätzlich habe er seine Zusage gegeben, sich beim Städtlimanager zu beteiligen: «Wenn klar ist, dass die zusätzlichen Kunden über den Städtlimanager zu uns kommen, gibt es für diesen selbstverständlich eine Umsatzbeteiligung», sagt Roland Huber.
Lichtensteig hat ohnehin kulinarisch einiges zu bieten. So ist Kägi eine weltweit bekannte Schoggi-Marke. Anders als die Flawiler Maestrani bietet Kägi in ihrer Produktionsstätte an der Loretostrasse aber keine touristischen Führungen an. Maestrani hat bei einem Fabrik-Umbau einen Besucher-Durchgang eingebaut, von welchem man meist durch Glas abgeschirmt den ganzen Produktionsablauf mitverfolgen kann. «Natürlich wäre ein solcher Besucher-Durchgang auch für uns touristisch attraktiv. Aber einen solchen einzubauen ist in unserem Gebäude, das aus den 1950er-Jahren stammt, leider nicht möglich», sagt Kägi-Geschäftsführer Beat Siegfried. Wegen der Lebensmittelhygiene können Besucher nur in Ausnahmefällen in die Produktionshalle gelassen werden. Trotzdem halten Touristen gerne bei der Kägi-Fabrik – wegen dem Fabrikladen, in welchem das ganze Sortiment an Kägi-Produkten zur Auswahl steht. Dort kann man zudem auf einem Flachbildschirm einen Film über den Produktionsprozess anschauen. Eine Anfrage der Gemeinde zum Projekt Städtlimanager sei zwar eingetroffen. Gespräche über die Beteiligung der Kägi an diesem Projekt hätten aber noch keine stattgefunden, sagt Beat Siegfried.
Einen Schritt weiter in Richtung Ausbau der Besucher-Information geht Willi Schmid, Inhaber der Spezialitäten-Käserei im Städtli. Er wird Ende 2013 seinen Neubau gleich neben der Kägi-Fabrik einweihen. Schon jetzt führt er auf Anfrage Besuchergruppen durch seine Käserei – aus Hygienegründen jeweils am Samstag, denn dann wird nicht produziert. Mit der anschliessenden Käsedegustation mit Wein schaffe er Kundenbindung und einen Zusatzverdienst, sagt Willi Schmid. Dies werde er im wesentlich grösseren Neubau noch ausdehnen: Vom Laden aus soll man durch eine breite Glasfront direkt die Käseproduktion beobachten können. Für eine Zusammenarbeit mit einem Städtlimanager sei er grundsätzlich offen, sagt Willi Schmid. Denn er habe auch schon Besuchergruppen gehabt, die zusammen mit dem Besuch seiner Käserei noch eine Führung in Fredys mechanischem Musikmuseum gebucht hätten.
Grundsätzlich optimistisch äussert man sich bei der Erlebniswelt Toggenburg zum Thema Städtlimanager. Mit ihren Hauptattraktionen Modelleisenbahn, Oldtimer-Motorräder und Krippenfiguren, hat die Erlebniswelt selbst ein stimmungsvolles Bistro. Dort kann man sich vor oder nach dem Museumsbesuch mit Snacks und Getränken verpflegen. Auf den originalen Eisenbahn-Holzsitzbänken können Gruppen aber auch auf Vorbestellung Apéros oder einfachere Essen geniessen. Die kalten und warmen Apéros liefert Städtli-Bäcker Schlauri, für grössere Mahlzeiten einer der Metzger im Städtli. «Es kommt aber auch immer wieder vor, dass ich die Gruppen an hiesige Restaurants vermittle», betont Uschi Bruggmann. Sie leitet das Bistro der Erlebniswelt und ist für die Gruppen-Buchungen zuständig. Rund 2000 Personen kamen 2012 mit vorangemeldeten Gruppen in die Erlebniswelt – vor allem Firmenausflüge, Klassenzusammenkünfte und organisierte Carreisen: «Je länger je mehr buchen diese Gruppen und Reiseveranstalter direkt über das Formular auf unserer Homepage», sagt sie. Museumsleiter Andreas Hinterberger erwartet, dass der Städtlimanager neue Gäste-Segmente nach Lichtensteig holt, zum Beispiel Teilnehmer von Kongressen in St. Gallen. Mehr als ein Museum pro Tag aber wollen die wenigsten Besucher buchen. Das sagen die Museumsleiter übereinstimmend. Darum sei die Kombination von Museum und Restaurant oder Museum und Schoggi/Käse wohl ein zukunftsträchtiges Produkt.
Auch die beiden kulturhistorischen Museen in Lichtensteig sind an einer Zusammenarbeit mit dem Städtlimanager interessiert. «Führungen kann man zwar direkt bei uns buchen und auf unserer Homepage findet man alle Informationen über uns», sagt Christelle Wick, Kuratorin des Toggenburger Museums. Aber die Lichtensteiger Kulturangebote könnte man durchaus noch bekannter machen, vor allem ausserhalb des Toggenburgs. Der Städtlimanager könnte auch bei der Organisation von Märkten oder der Museumsnacht mithelfen, findet sie. Urs Castelberg, Leiter der Gall'schen Offizin (Museum für Handsatz und manuelle Druckpressen) war von Anfang an in der Projektgruppe Städtlimanager. Dieser solle ihm Gruppen bringen, fasst er sein Interesse zusammen. «Am besten gleich im Gesamtpaket: mit einer Städtliführung oder einem weiteren Besuch im Toggenburger Museum oder in Fredys mechanischem Musikmuseum. Umso besser, wenn die Gemeindeverwaltung dabei die Reservationsanfragen übernimmt.»