Ein 49jähriger Mann, der Cannabis anpflanzte, um daraus Heilmittel herzustellen, stand vor dem Kreisgericht Toggenburg. Ihm wurde vorgeworfen, sein Hanf weise einen zu hohen THC-Wert auf. Der Angeschuldigte bestritt dies jedoch.
LICHTENSTEIG. Die Anklage und die Verteidigung waren sich einig: Der Angeschuldigte ist keiner, der in einem Hinterzimmer Hanf anbaut und diesen in kleinen Portionen an Kiffer verkauft. Im Gegenteil. Die Anlage sei hochprofessionell und weise ein eigenes Labor auf, sagte der Staatsanwalt. Er nannte den Angeschuldigten einen «Self-made-Cannabis-Profi». Auch bezüglich der Mengen, die beim Angeschuldigten gefunden wurden, unterscheidet sich dieser Fall massiv von anderen Fällen im Toggenburg. Bei mehreren Hausdurchsuchungen in den Räumen der Firma des Angeschuldigten wurden unter anderem rund 500 Kilogramm Hanfblüten, über 550 Kilogramm Hanfsamen, 3300 Hanfpflanzen und 2100 Hanfpflanzenstecklinge gefunden. Aus all diesen, sagte der Angeschuldigte, stelle er Heilmittel her.
Zur Anklage kam es, weil die gefundenen und in der Folge beschlagnahmten Hanfpflanzen und deren Bestandteile einen zu hohen Gehalt an THC aufwiesen. Maximal ein Prozent sei gesetzmässig, beim beschlagnahmten Material sei dieser Wert aber um ein Vielfaches überschritten gewesen. Der Staatsanwalt sprach bei der Gerichtsverhandlung von mittleren bis sehr hohen Werten. Der Angeschuldigte, hatte wegen desselben Vergehens bereits einmal vor Gericht gestanden und wurde freigesprochen. Er betonte, dass es bei der Verwendung der Hanfpflanzen für Heilmittel nicht auf den THC-Wert ankomme. Vielmehr seien Cannabinoide entscheidend für die Wirkung des Hanfs als Heilmittel. Es sei nichts Illegales, Hanf für medizinische Zwecke anzubauen, bestätigte der Staatsanwalt. Dafür hätte der Angeschuldigte aber eine Bewilligung der Swiss Medic besitzen müssen. Diese sei die Voraussetzung, um vom Bundesamt für Gesundheit eine Ausnahmebewilligung zu erhalten, damit die Hanfplantage nicht von der Justiz belangt werden könne. Der Angeschuldigte habe sich aber gar nicht darum bemüht, sagte der Staatsanwalt. Vielmehr habe er planlos geforscht, mit guten Ideen und Ansätzen. Er könne ein seriöses und professionelles Verhalten erkennen, befand der Staatsanwalt. Aber der letzte Schliff bei den relevanten Dingen würde fehlen.
Der Staatsanwalt hielt zudem fest, dass es bei diesem Geschäft um sehr viel Geld gegangen sei. Aus den Resultaten von Forschung und Entwicklung und aus dem Verkauf von Cannabisprodukten über einen Zeitraum von 21 Monaten erhielt das vom Angeschuldigten geführte Unternehmen rund 1,7 Millionen Franken. Dieses Geld habe die Firma nur mit Hilfe von illegalem Cannabisanbau erhalten. Darum stellte der Staatsanwalt eine Ersatzforderung in dieser Höhe. Der Verteidiger stellte eine Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz in Abrede. Was sein Mandant produziert habe, unterscheide sich klar von Drogenhanf. Der Kiffer fände den Hanf erst ab 7 Prozent THC-Gehalt cool, zudem verwende er den Hanf in getrocknetem Zustand. Anders also als sein Mandant, der die frischen Pflanzen verarbeite. Der Verteidiger fügte hinzu, dass sein Mandant es besser gekonnt hätte, wenn er hätte Drogen produzieren wollen.
Der Verteidiger zweifelte den THC-Gehalt des beschlagnahmten Hanfes an. Zwar lege das Gesetz eine Obergrenze fest, aber es sage nicht, wie der THC-Gehalt gemessen werden soll. Messungen, die sein Mandant laufend gemacht habe, hätten jeweils einen tieferen THC-Gehalt ergeben. Zudem habe er immer wieder Kontakt zu Beratern und Spezialisten gehabt und nie habe ihn jemand darauf hingewiesen, dass er etwas Illegales treibe. Sein Mandant hätte sich schon um eine Ausnahmebewilligung beim BAG bemüht. Er sei aber überzeugt, dass er für seine Geschäftstätigkeit keine solche benötige. Der Verteidiger ist überzeugt, dass die gesetzliche Grundlage nicht genüge, um seinen Mandanten schuldig zu sprechen. Aus diesem Grund gelte der Satz «Keine Strafe ohne Gesetz».
Bezüglich der Ersatzforderung stellte der Verteidiger fest, dass der finanzielle Vorteil durch eine Straftat entstanden sein müsse. Durch den Anbau und den Besitz von Cannabis entstehe aber kein Vermögensvorteil.
Das Kreisgericht Toggenburg verzichtete auf eine mündliche Urteilsverkündung, da es davon ausgeht, dass der Fall an die nächste Instanz, das Kantonsgericht St. Gallen, weitergezogen wird. Aus diesem Grund wird das Urteil gefällt und schriftlich begründet. Dieses Urteil des Kreisgerichts Toggenburg liegt derzeit noch nicht vor.