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Die Fein-Elast Grabher AG in der Stadtau stellt den Betrieb Ende September ein. Damit endet die Ära der Textilindustrie in Lichtensteig. Das Fabrikareal soll künftig gewerblich und für Wohnungen genutzt werden.
Lichtensteig verliert den letzten Industriebetrieb der Textilibranche und einen der letzten Industriebetriebe in der Gemeinde. Die Fein-Elast Grabher AG an der Schleusenstrasse stellt auf Ende September den Betrieb ein.
Die letzte Maschine wurde nach Auskunft von Herbert Bett-ray, Geschäftsführer der Schweizer Niederlassung und Verwaltungsrat der Fein-Elast Grabher AG, vor den Sommerferien abgestellt. «Jetzt laufen die Arbeiten für die Verlagerung an andere Standorte der Fein-Elast-Gruppe in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich.» Es gebe verschiede Gründe für die Schliessung des Standorts. Es seien die bekannten Gründe des Schrumpfens der Textilindustrie in der Schweiz. So gebe es immer weniger inländische Kunden für die Erzeugnisse des Lichtensteiger Betriebs. Dazu komme der hohe Frankenkurs. Laut Herbert Bett-ray wurden 95 Prozent der Produktion in den Euro- und den Dollarraum exportiert.
Sodann seien im Gebäude von 1880 für eine effiziente Produktion grössere Investitionen nötig. Heute verteile sich die Produktion auf mehrere Etagen, was unwirtschaftlich sei. Schliesslich gingen der Betriebsleiter und dessen Assistent dieses Jahr in Pension, sagte Herbert Bettray.
Die Mitarbeiter in Lichtensteig, die im Januar dieses Jahres über die bevorstehende Schliessung informiert wurden, seien mehrheitlich angelernte Arbeitskräfte (Maschinen-Hilfsbediener). Den 16 betroffenen Personen habe man Stellen in Diepoldsau angeboten. Deshalb habe es keinen Sozialplan gegeben. Zwei oder drei Personen hätten das Angebot zum Wechsel ins Rheintal angenommen. Andere Mitarbeiter hätten bei anderen Unternehmen eine Stelle gefunden. Die Gemeinde und die kantonalen Ämter habe man ebenfalls im Januar informiert.
Bei den Gewerkschaften Syna und Unia haben sich offenbar bisher keine Betroffenen gemeldet. Anke Gähme, Regionalleiterin der Unia in St. Gallen, beklagte den erneuten Verlust von Arbeitsplätzen für Personen mit tiefer Qualifikation. Es brauche eine Wende in der Industriepolitik.
In den Jahren 2012 und 2013 wurde eine neue Schleusenbrücke erstellt, die für 40-Tonnen-Lastwagen zugelassen ist. Der Neubau erfolgte im Zusammenhang mit der Erneuerung des Klein-Wasserkraftwerks an der Thur. Die Fein-Elast Grabher AG beteiligte sich an den Kosten der neuen Brücke, gab ihren Anteil an der Brücke auf und erhielt dafür das Wehr des Kraftwerks. Das Kraftwerk kann unabhängig von der Fabrik betrieben werden. Die Fein-Elast Grabher AG zählte 2012 noch 22 Mitarbeiter am Standort Lichtensteig (Toggenburger Tagblatt vom 8. August 2012). Sie hatte die Liegenschaften in der Stadtau 1992 von der früheren Zwirnerei Niederer & Co. übernommen.
Für das Areal der Fein-Elast Grabher AG soll es einen Teilzonenplan geben. Der Grund: Es besteht offenbar keine Hoffnung auf die Ansiedlung eines anderen Industriebetriebs an diesem Ort. Deshalb ist eine Umzonung des Areals für Wohn- und Gewerbezwecke geplant. Der Teilzonenplan lag öffentlich auf. Es gab keine Einsprachen. Der Gemeinderat hat den Teilzonenplan am 15. Mai verabschiedet. Seit dem 10. August und bis zum 18. September, also dem nächsten Montag, läuft die Referendumsfrist. Bisher ist nicht bekannt, dass Unterschriften fürs Referendum gesammelt würden.
Im Web-Auftritt der international tätigen Fein-Elast-Gruppe findet man den Standort Lichtensteig nicht mehr. In der Schweiz besitzt die Gruppe eine Niederlassung in Diepoldsau. Andere Niederlassungen der Gruppe befinden sich in Lustenau (Vorarlberg), im ostdeutschen Bundesland Thüringen und in Estland. Die Fein-Elast-Gruppe bezeichnet sich als international führenden Hersteller von elastischen und unelastischen Kombinationsgarnen. Die Produkte würden in der Mode, der Medizintechnik, der Autoindustrie, als Heimtextilien sowie in der Luft- und Raumfahrt verwendet, heisst es im Internetauftritt der Gruppe. Die im Familienbesitz befindliche Gruppe erzielt mit 250 Mitarbeitern laut eigenen Angaben einen Umsatz von 38 Millionen Euro. (mkn)