Kopf auslüften und geniessen

Brosmete

Erich Fässler
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Ferien sind dazu da, uns in die Anderszeit zu entführen. Ferienzeit ist Verwöhnzeit, Geld spielt nicht die entscheidende Rolle, es darf auch mal etwas mehr kosten. Man gönnt sich ja sonst nichts, oder wenigstens nicht so viel. Die letzten Reste aus dem Kühlschrank kommen in die Kühlbox: Tomaten, Früchte, ein Paar vakuumierte Cervelats mit Ablaufdatum in der Ferienzeit, Getränke für unterwegs – Sie kennen das bestimmt. «Huuse» beginnt zu Hause und erleichtert das Schlemmen in den Ferien. Meine Liebste und mich zog es wieder in ein wunderbar gelegenes Hotel hoch über Garda. Ziel war, unter Oleanderbüschen und Olivenbäumen zu lesen, uns im Pool zu tummeln und die neu angepriesene Gourmetküche zu geniessen. Limitierte Plätze auf der Terrasse und gestaffelte Essenszeiten schraubten unsere Erwartungen zusätzlich in die Höhe.

Und tatsächlich, verglichen mit 2013 hat sich in der Küche einiges getan. Gourmet ist nicht nur ein Versprechen, es ist Tatsache. Das mussten wir unbedingt wiederholen, diesmal etwas mutiger in der Wahl der Hauptspeise: Milchschweinebauch, gebratene Kartoffeln, Chicorée, Sauce Béarnaise. Kurios erschien mir einzig der bittere Chicorée. Die Béarnaise versprach ein zartes Stück Fleisch. Mut zahlt sich nicht immer aus. Was adrett arrangiert serviert wurde, war ein Rad cross gebratener Speck, flankiert von Bratkartöffelchen und Chicoréefäden. Mit dem Messer war das Fleisch kaum zu zerteilen, und von Sauce Béarnaise war auf dem Teller rein gar nichts zu finden. Dem zähen Milchschweinebauch war selbst durch langes und dauerhaftes Kauen nicht beizukommen.

Kurzfristig kam mir gar der Gedanke, ins Hotelzimmer zu gehen, aus dem Kühlschrank einen Cervelat zu holen, ihn mit dem Sackmesser so zuzuschneiden, dass er auf einem Gourmetteller Façon macht. Ich liess es, merke mir aber für unseren nächsten Besuch, dass die Küche dem Bauchspeck absolut nicht gewachsen ist. Meine Liebste und ich haben uns köstlich amüsiert! Wir hielten unseren Bauchspeck vor Lachen. Das war den Preis wert, und unsere Hündin Hila hatte am Tag danach ihre helle Freude an unserem Gourmet­menu!

Erich Fässler