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Acht offizielle Mountainbikerouten gibt es im Kanton Appenzell Innerrhoden. Zu wenig, finden einige Biker. Ihnen fehlen vor allem attraktive Singletrails. Der Tourismus wie auch die Bauern sehen das anders.
In Innerrhoden braucht es mehr Mountainbiketrails – zu diesem Schluss kommt der Appenzeller Kantonsschüler Renato Rodighiero in seiner Maturaarbeit. Der 18-Jährige nahm die Situation in seinem Heimatkanton unter die Lupe: Die acht offiziellen Routen führten zu 75 Prozent über asphaltierte Strassen, der Rest zu 20 Prozent über Schotterstrassen und zu 5 Prozent über Wiesen, schreibt er. Der Anteil an Singletrails durch den Wald sei unbedeutend klein.
Gäbe es mehr Bikerouten, würde man die Biker viel weniger dazu verleiten, auf die Wanderwege auszuweichen. Es gäbe weniger Konflikte zwischen Wanderern und Bikern. Zudem hätten die Mountainbiker mehr Spass bei der Sache. Denn Fahren auf Kiessträsschen sei schlichtweg unattraktiv. Dieser Meinung ist auch Marcel Rechsteiner, Präsident des Rad- und Mountainbikeclubs Appenzell: «Es gäbe verschiedene Wanderwege im Kanton Appenzell Innerrhoden, die nicht von Touristen überlaufen sind und die man gut in Bikerouten umfunktionieren könnte.»
Die letzten offiziellen Bikerouten wurden 2004 ins Streckennetz aufgenommen. Dass seither keine neue Route entstanden ist, sei «bedauerlich», wie Rodighiero in seiner Arbeit schreibt. «Es gibt eine kantonsinterne Arbeitsgruppe, die sich mit dem Moutainbikewesen befasst. Darin vertreten sind Biker, der Tourismus, die Landwirtschaft und die Jagd», erklärt Ruedi Ulmann, Bauherr von Appenzell Innerrhoden.
Das Finden von neuen Routen sei bisher immer an den unterschiedlichen Interessen der Akteure oder an der Bereitschaft der Grundeigentümer gescheitert. «Entweder war die Route nicht attraktiv, in von Wanderern intensiv genutztem Gebiet, in einem empfindlichen Lebensraum, querte eine Naturschutzfläche oder lag aus landwirtschaftlicher Sicht am falschen Ort. Wenn man sich in der Arbeitsgruppe einig war, machten die betroffenen Grundeigentümer nicht mit. Es konnte kein Konsens gefunden werden.»
Die Idee, das Bikestreckennetz auszubauen, findet Ulmann hingegen «nicht abwegig» und daher «prüfenswert». Er wolle aber zum jetzigen Zeitpunkt den Diskussionen in der geplanten Arbeitsgruppe nicht vorgreifen. Der Prozess soll ergebnisoffen gestaltet werden.
Weniger erfreut zeigen sich hingegen die Bauern. Zum einen müssten sie für das Entstehen einer neuen Mountainbikeroute Teile ihres Bodens hergeben. Zum anderen bestehe das Problem, dass sich viele Biker, darunter gerade die einheimischen, nicht an die offiziellen Routen halten und querbeet durchs Grüne fahren würden, sagt Sepp Koch, Präsident des Bauernverbandes Appenzell. Er steht daher dem Ausbau des Mountainbikewegnetzes kritisch gegenüber. «Innerrhoden muss eine Wanderregion bleiben.»
Das findet auch Tourismus-Chef Guido Buob. Er hat aber Verständnis für das Anliegen der Biker und findet, dass viele der heutigen Routen für ambitionierte Biker zu unattraktiv sind: «Man müsste prüfen, ob man in den Hügelgebieten eins bis zwei Wanderrouten streichen und in Bikerouten umwandeln könnte.» Der Alpstein hingegen platze an schönen Wochenenden bereits aus allen Nähten. Zudem seien viele Bergwege dort zum Biken ungeeignet. Aber im vorgelagerten Hügelgebiet gäbe es sicherlich noch Steigerungspotenzial, so Buob.
Die Meinung, dass es zu wenig Bikerouten im Kanton gibt, kann er hingegen nicht teilen. «Proportional betrachtet haben wir hier im kleinen, überschaubaren Innerrhoden das dichteste Bikewegnetz der Schweiz.» Viele Ferienregionen wollen sämtliche Zielgruppen ansprechen. Gerade weil Innerrhoden eine kleine Feriendestination ist, sei es aus touristischer Sicht wichtig, sich klar zu positionieren. Nur so könne man heute Erfolg haben, ist Buob überzeugt. «Dass niemand nach Appenzell geht, um Bikeferien zu machen, ist richtig. Aber es geht auch niemand nach Appenzell, um Strandferien zu machen.» Das sei kein Nachteil. Denn: «Wir sind eine Wanderregion. Und wollen dies auch bleiben.»