«In der Politik gibt es auch ab und an eine Zangengeburt zu bewältigen», sagt Regierungsrätin Marianne Koller auf die Frage nach Parallelen zu ihrer einstigen Ausbildung als Hebamme. Hunderten von Kindern hat Koller als junge Frau auf die Welt geholfen.
«In der Politik gibt es auch ab und an eine Zangengeburt zu bewältigen», sagt Regierungsrätin Marianne Koller auf die Frage nach Parallelen zu ihrer einstigen Ausbildung als Hebamme. Hunderten von Kindern hat Koller als junge Frau auf die Welt geholfen. Heute sitzt sie einem grosszügigen Regierungsratsbüro, im Zentrum ein runder Holztisch, an den Wänden Bilder von Carl August Liner. Als sie 2005 zur Regierungsrätin gewählt worden war, hätte sie diese Bilder aus dem Kantonsarchiv zur Gestaltung ihres Büros ausgewählt. Danebst finden sich in ihrem Büro auch noch zwei Werke, die zwei Behinderte der Stiftung Waldheim, für die Koller seit vielen Jahren als Stiftungsrätin wirkt, geschaffen haben. «Ich liebe schöne Gemälde», so Marianne Koller. «Besonders angetan haben es mir Naturfarben. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und deshalb sehr naturverbunden.»
Marianne Koller, die als einzige für das Amt des Landammanns kandidiert, stammt aus Stein im Toggenburg. Zusammen mit sechs Geschwistern ist sie als jüngstes von vier Mädchen aufgewachsen. Während die älteren Geschwister oftmals Erziehungsaufgaben übernommen haben, lernte Marianne Koller früh, sich durchzusetzen und sich gegen die älteren zu behaupten. Nach der Schulzeit und Sprachaufenthalten in der Westschweiz und im Tessin entschied sie sich für den Beruf der Hebamme. Nebst der medizinischen Verantwortung gefiel ihr dabei insbesondere der Kontakt zu den Menschen. «Und schon damals habe ich gemerkt, dass ich gut organisieren und führen kann», sagt Marianne Koller.
Sämtliche Tätigkeiten, die Marianne Koller nach der Hebammen-Zeit ausgeübt hatte, waren von Führungsaufgaben geprägt. Gleich an erster Stelle stand da die Leitung des Altersheims Heinrichsbad in Herisau und die in Kollers Zeit gefallene Planung und Inbetriebnahme eines Neubaus. Parallel dazu liess sie sich zur hauswirtschaftlichen Betriebsleiterin ausbilden. Nach den Jahren im Heinrichsbad führte der berufliche Weg 1989 weiter zur Berit-Klinik in Teufen, der sie über 15 Jahre lang – also bis zur Wahl in den Regierungsrat – als Geschäftsführerin vorstand. Seit 1977 ist Marianne Koller verheiratet, ihr Mann hat in die Ehe zwei Kinder mitgebracht, die nach der Ausbildung aber wieder in die Region Zürich gezogen sind.
Vater und Mutter haben bei Marianne Koller bereits in jungen Jahren das Interesse an der Politik geweckt und ihr aufgezeigt, wie wichtig ein Einsatz für die Allgemeinheit ist. Der Vater sei als bürgerlicher Politiker im Gemeinderat und Kirchenrat gesessen. Sie selbst, erzählt Koller weiter, habe bis zur Wahl in den Kantonsrat im Jahre 1998 nicht selber aktiv politisiert. Seither aber liess die Politik sie nicht mehr los, 2005 folgte schliesslich die Wahl in den Regierungsrat.
Dass die Menschen immer schwieriger für ein öffentliches Amt zu motivieren sind, gründet gemäss Marianne Koller im verstärkten Rückzug ins Private und im oftmals herausfordernden Berufsalltag. Auch sei die Bereitschaft, sich zu exponieren, rückläufig. «Ich selbst nehme sachlich begründete Kritik stets ernst und ziehe für mich persönlich jeweils ein Fazit daraus», sagt Marianne Koller. «Ich finde, als Mensch und Fachperson muss man sich im Leben stets weiterentwickeln.»
Angesichts der täglichen Herausforderungen legt Marianne Koller viel Wert auf Psychohygiene. Der Erholungswert liege für sie jedoch nicht in der Quantität, sondern in der Qualität. «Diese finde ich beispielsweise beim Wandern in der Natur.» Auch liebe sie die Aussicht auf den Alpstein zu Hause in Teufen. «Und ich lese und reise gerne», sagt sie. Die letzte Reise habe sie unter anderem auf die Azoren geführt.
Zum Schluss noch dies: Ist Marianne Koller eher ein Sommer- oder Winterkind? «Ein Sommerkind. Zwar liebe ich den Schnee und die Berge und war früher auch begeisterte Skifahrerin. Im Laufe der Zeit aber wurde mir das Unfallrisiko zu gross.» Wie gerne steht sie im Mittelpunkt? «Als Politikerin stehe ich oftmals im Mittelpunkt, ohne es richtig zu realisieren.» Was war die letzte persönliche, materielle Anschaffung? «Schneeeisen für die Winterschuhe.» Was ärgert sie an sich selbst am meisten? «Bei einer Verabredung zu wenig Zeit für die Anreise einzurechnen und dann gehetzt zu wirken.» Was bedeutet für sie Glück? «Das bedeutet für mich Zufriedenheit, Dankbarkeit und die Pflege guter Beziehungen.»
Roger Fuchs