Thomas Faes ist seit vergangenem Sommer als Jugendarbeiter bei der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Mittleres Toggenburg tätig. Er sieht sich in der Rolle eines Leiters, der den jungen Menschen eine Wertehaltung mit auf den Weg gibt.
Seit August ist Thomas Faes aus Wil als Jugendarbeiter und Verantwortlicher im Bereich «Kinder und Familie» der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Mittleres Toggenburg tätig. Im Gespräch blickt der 50-Jährige auf die ersten hundert Tage in seinem neuen Amt zurück. Und er schaut nach vorne, denn an Ideen und Projekten mangelt es ihm nicht.
Herr Faes, wie haben Sie Ihren Einstieg im Toggenburg erlebt?
Natürlich habe ich mich darauf gefreut, die Menschen kennenzulernen, mit denen ich nun im Rahmen meiner Arbeit zu tun habe: Die Kinder und Jugendlichen aus der Gegend, aber auch die Angestellten und Freiwilligen aus dem Umfeld der Kirche. Dazu zählen die Kirchenpflege, die Vorsteherschaft, die Freiwilligen von der «Chinderfiir» und all jene, die für die Sonntagsschule verantwortlich sind. All diese Kontakte bilden die Basis für meine Tätigkeit.
Wie sieht bei Ihnen ein typischer Arbeitstag aus?
Am liebsten sind mir die Stunden, die ich direkt mit den jungen Menschen verbringe: Bei Aktivitäten im Freien sowie beim gemeinsamen Nachdenken und Diskutieren. Ein nicht zu unterschätzender Teil meines Berufsalltags besteht allerdings aus Büroarbeit und Sitzungen. Denn die Anlässe und Unterrichtsstunden müssen vor- und nachbereitet werden. Es gibt viel zu organisieren und koordinieren: Mottos, Lokalitäten, Helfer, Material, Einladungen. Die Vielfältigkeit meines Berufs schätze ich sehr.
Wie möchten Sie die kirchliche Jugendarbeit in Wattwil, Krinau und Lichtensteig in Zukunft gestalten?
Im Oktober hat das Teens-Camp, ein Ferienlager mit rund dreissig Teilnehmerinnen und Teilnehmern, stattgefunden. Es war super, und ich werde dafür sorgen, dass es bald wieder ein solches gibt. Derzeit bin ich daran, zwei neue Freizeit-Angebote für junge Mitglieder unserer Kirchgemeinde aufzubauen, die ab Dezember regelmässig durchgeführt werden sollen: Den Teenstreff und den Teensclub (siehe Kasten). Der Unterschied besteht darin, dass sich der Teenstreff eher an diejenigen richtet, die sich austoben und laut sein möchten. Der Teensclub hingegen wird die ruhigeren Jugendlichen ansprechen, die sich gerne in gemütlicher Atmosphäre über Gott und die Welt austauschen.
Inwiefern unterscheidet sich die kirchliche von der offenen Jugendarbeit?
Die offene Kinder- und Jugendarbeit von den Politischen Gemeinden ist niederschwellig zugänglich. Sie setzt kaum Rahmenbedingungen und verzichtet in der Regel auf themenbezogene Programme. Im Gegensatz dazu vermitteln wir Inhalte und Wertehaltungen, welche für den Lebensweg nützlich sind. Bei uns kann aber nicht jede und jeder mitmachen – man muss dafür Teil der evangelisch-reformierten Kirche sein.
Wie definieren Sie Ihre Rolle im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen?
Ich bin kein Kumpeltyp, sondern ein Erwachsener. Ein Erwachsener, der die Jüngeren anleitet, ihnen positive Umgangsformen aufzeigt und vorlebt, einer, der sie ernst nimmt. Die Kinder und Jugendlichen, mit denen ich im Rahmen meiner Arbeit bei der Kirchgemeinde zu tun habe, müssen mich übrigens siezen. Das finde ich gut, denn es schafft die nötige Distanz. Ansonsten bin ich locker eingestellt. Das zeigt sich bei den Abläufen unserer Aktivitäten: Es bestehen viele Gestaltungsfreiräume und ich bin immer wieder für einen Spass zu haben. Die älteren Jugendlichen betrachte ich übrigens auch als Erwachsene, und entsprechend sind meine Erwartungen an sie. Einigen gebe ich die Möglichkeit, Leitungsaufgaben wahrzunehmen.
Sie sind Vater von zwei Töchtern. Inwiefern beeinflusst dies Ihre berufliche Tätigkeit ?
Ich denke, dass ich mich dank der Familie noch besser in junge Menschen einfühlen kann. Meine ältere Tochter ist sechzehn und wird bereits flügge. Der Umgang mit ihr zeigt mir, was die Teenager in der heutigen Zeit beschäftigt. Auch meine Frau trägt einiges zu meiner Arbeit bei. Sie hat Kindergärtnerin gelernt und ist nun als freie Journalistin tätig. Wir reden oft über meinen Beruf. Immer wieder hat sie tolle Ideen, die ich umsetzen kann.
Was hat sich in den zwölf Jahren, in denen Sie mit Jugendlichen zusammenarbeiten, verändert?
In erster Linie ist es der Umgang mit dem Internet und den Handys. Dieser hat stark zugenommen. Ich finde jedoch, dass man diese Entwicklung nicht verteufeln darf. Sie hat dazu beigetragen, dass die Jungen mittlerweile besser informiert sind als früher. Ihr enormes Wissen beeindruckt mich sehr, und es hat Auswirkungen auf unsere Arbeit Längst brauchen wir Jugendarbeiter neue Methoden und Ansätze, um die Aufmerksamkeit unserer Zielgruppe zu gewinnen. Klassische Wissensvermittlung funktioniert nicht mehr, denn diese wird als langweilig wahrgenommen. Wenn es hingegen darum geht, selbst etwas zu erleben und zu erschaffen, sind die meisten jungen Leute bei der Sache. Ich setze daher auf spielerische und erlebnisorientierte Tätigkeiten.