Höchstleistungen unter Wasser

Seit Februar existiert im Toggenburg die Gruppe «Freediving Ostschweiz». Die fünf Frauen und Männer betreiben die Sportart Apnoe-Tauchen. Ohne Sauerstoffgerät bleiben sie minutenlang unter Wasser. Mit Atemübungen und mentalem Training lässt sich die Leistung markant steigern.

Jesko Calderara
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NESSLAU. Sonja Baumann und Marisa Rutz liegen reglos auf der Wasseroberfläche. Daneben stehen René Trost und Martin Tobler, tippen von Zeit zu Zeit auf die Schultern, während ihr Blick auf die Stoppuhr verharrt. Die Beteiligten gehören zur Gruppe «Freediving Ostschweiz», die gerade im Hallenbad Nesslau trainieren.

Es handelt sich dabei um fünf Frauen und Männer aus der Region, die sich dem Apnoe-Tauchsport verschrieben haben. Bei dieser ursprünglichen Form des Tauchens werde auf ein Atemgerät verzichtet, sagt René Trost. Er betreibe schon seit längerem den Tauchsport, sei jedoch vor zwei Jahren umgestiegen. «Ich hatte genug von den Sauerstoffgeräten.» Da es in der Schweiz keine entsprechenden Ausbildungen gibt, bildete er sich in Deutschland zum AIDA-Instruktor (Association Internationale pour le Développement de l'Apnée) aus. Dies auch dank seines Bruders, der René Trost im familieneigenen Unternehmen die notwendige Zeit einräumte. In diesem Februar gründete der gebürtige Nesslauer zusammen mit seinem Trainingspartner Martin Tobler die «Freediving Ostschweiz» und bietet Kurse an.

Bestzeit bei über fünf Minuten

Das Training beginnt mit den statischen Übungen. Dabei geht es darum, ruhig im Wasser zu liegen und möglichst lange den Atem anzuhalten. Regelmässig wechseln sich Tauchgänge hierbei mit Ruhephasen ab. «Wir achten auf die Zeit, die vergeht, bis die Kontraktion des Zwerchfells einsetzt», erklärt Martin Tobler, dessen persönliche Bestzeit bei über fünf Minuten liegt. Ziel sei es, diesen Punkt hinauszuzögern, um so die Leistung zu steigern. Der Körper gewöhne sich dadurch nicht an eine fixe Zeit, ergänzt Martin Tobler, der seit vier Jahren Freitaucher ist. Als Ausrüstung benutzen die Wassersportler Taucherbrillen und einen Neoprenanzug. Die Durchblutung verschlechtere sich beim Statiktraining, erläutert René Trost. Um dem Frieren vorzubeugen, schützen sie sich mit einer Schutzbekleidung. «Freitauchen ist grundsätzlich für jedermann geeignet», sagt René Trost. Besondere Voraussetzungen seien nicht erforderlich. So könnten Jugendliche mit der Einwilligung der Eltern bereits ab 16 Jahre damit beginnen, erzählt der Instruktor. Ein entscheidender Punkt beim Apnoe-Tauchen ist die Vorbereitung mit Atemübungen und mentalem Training. «Je entspannter jemand im Wasser ist, desto weniger Sauerstoff verbraucht er.» Zudem lasse sich das Lungenvolumen durch gezieltes Einatmen in den Bauch vergrössern. Gerade Anfänger erzielten mit Hilfe eines professionellen Trainings beachtliche Fortschritte, sagt René Trost. Beim Freitauchen existieren verschiedene Disziplinen.

Als nächstes wird das dynamische Apnoe ohne Taucherflossen geübt. Mit Armbewegungen, die nur im Entferntesten ans Schwimmen erinnern, tauchen die Männer und Frauen ihre Längen und erreichen dabei Bestmarken von bis zu 100 Metern.

Persönliche Grenzen testen

Bei der Disziplin dynamische Apnoe benutzen die Taucher im weiteren Monoflossen. Dank der besseren Effizienz erreichen sie grössere Weiten und Tiefen. Nur in Gewässern ist dagegen das Tieftauchen möglich. «In die dunklen Tiefen des Sees abzutauchen, ist ein seltsames Gefühl», sagt Sonja Baumann, die zusammen mit Fabienne Marthy und Marisa Rutz vergangenes Wochenende die Prüfungen zum Leistungsniveau II abgelegt hat. Was macht die Faszination am Freitauchen aus? «Es bereitet Freude, seine eigenen Grenzen zu testen, dabei jedoch nicht ans Limit zu gehen», sagt Martin Tobler. Bis zur Bewusstlosigkeit zu tauchen, gehöre dagegen nicht zu erstrebenswerten Erfahrungen, ergänzt René Trost. Berufshalber zur Gruppe gestossen, ist die Nesslauer Bademeisterin Sonja Baumann. Sie habe bei den Ausbildungen jeweils Mühe mit dem Tauchen gehabt. «Ich habe daher René Trost um Rat gefragt», sagt sie.

Schweizer Meisterschaften 2013

Wie schädlich ist es, minutenlang ohne Sauerstoff einzuatmen unter Wasser zu bleiben? «Apnoe- Tauchen ist nicht gefährlicher als andere Sportarten», sagt René Trost. Voraussetzung sei jedoch, einige Regeln zu beachten. Wir tauchen beispielsweise niemals alleine.» Es müsse immer jemand zur Sicherung dabei sein, der im Notfall eingreifen kann.

René Trost hat sich zum Ziel gesetzt, zusammen mit dem Team 2013 an den Schweizer Meisterschaften teilzunehmen.