AUSSERRHODEN. Sämtliche Ausserrhoder Gemeinden konnten in den letzten zehn Jahren ihre Steuerkraft erhöhen – allerdings in ganz unterschiedlichem Ausmass. Während Reute fast 60 Prozent zugelegt hat, hinkt das grosse Herisau mit gut 11 Prozent kleineren Gemeinden hinterher.
In HERISAU hat sich in den letzten zehn Jahren die Steuerkraft weniger gut entwickelt als in den meisten anderen Ausserrhoder Gemeinden. Einzig Rehetobel klassiert sich hinter dem unverbrieften Hauptort, in dem rund ein Drittel der Kantonsbevölkerung wohnt. Als einen der Gründe für dieses Resultat nennt Gemeindepräsident Paul Signer die hohen Zentrumslasten. Über die Hälfte der Sozialkosten im Kanton fallen in Herisau an.
Ausserdem zählt die Gemeinde überdurchschnittlich viele juristische Personen und ist damit von der Steuerrevision 2007 besonders betroffen. Diese bescherte dem Kanton zwischenzeitlich die landesweit tiefsten Unternehmenssteuern. Dies führte dazu, dass sich die Anzahl Gesellschaften innerhalb von fünf Jahren von 1788 auf 3235 beinahe verdoppelte. Davon zählte alleine Herisau über 400 zusätzliche Unternehmungen. Das Steuerniveau von vor der Revision konnte aber seither nie mehr erreicht werden. 2012 war gegenüber dem Vorjahr gar ein Einbruch von 5,8 auf 3,4 Mio. Franken zu verzeichnen. Signer glaubt aber, dass die Talsohle erreicht ist. Gemäss der Finanzplanung, die dieser Tage verschickt wird, rechnet er bei den juristischen Personen mit einem Plus von 24 Prozent.
Bald einmal soll sich auch die rege Bautätigkeit in der Gemeinde positiv auf die Steuerkraft auswirken. Vorerst war eine Binnenwanderung zu erleben. Das heisst: Ältere Einwohner sind von den Aussenquartieren in die neuen Wohnungen im Dorfzentrum gezogen. In einer nächsten Phase werden nun Neuzuzüger erwartet. Mit der laufenden Ortsplanungsrevision soll zudem zusätzlicher Platz für attraktiven Wohnraum geschaffen werden. Dabei hat die Gemeinde aber auf die Einzonung der Oberen Hueb beim Psychiatrischen Zentrum in Herisau verzichtet. Grundeigentümer ist der Kanton, der den Boden gerne verkauft hätte. Profitiert hätte auch die Gemeinde, war doch der Bau einiger weniger Villen auf dem Areal vorgesehen. «Der Gemeinderat musste Bauland in Nähe des Dorfzentrums den Vorzug geben», so Signer. Eine Einzonung der Oberen Hueb wäre gemäss seinen Aussagen schwierig gewesen. Er verweist ferner darauf, dass in Herisau in der Vergangenheit auch bewusst auf die Einzonung von attraktivem Boden verzichtet worden ist – beispielsweise durch einen Volksentscheid am Sonnenberg. «Sonst würde es dort jetzt aussehen wie in Niederteufen, wo reiche Leute von ihren Terrassenwohnungen aus auf den Alpstein blicken», sagt Signer. Entsprechend verzeichnete Teufen im Zehnjahresvergleich bei der Steuerkraft ein Plus von 48,9 Prozent, Herisau bloss 11,1.
Am besten entwickelt hat sich die Steuerkraft im letzten Jahrzehnt in der Gemeinde REUTE – plus 58,9 Prozent. Setzt sich dieser Trend fort, wird Reute in ein bis zwei Jahren nicht mehr auf den Finanzausgleich angewiesen sein und auf eigenen Beinen stehen. «Wir haben einen strukturellen Wandel durchgemacht und heute mehr Gutverdienende bei uns als früher», begründet Gemeindepräsident Ernst Pletscher die positive Entwicklung der Steuerkraft. Dass ausgerechnet Gutbetuchte seine Gemeinde aussuchen würden, hange mit dem Wunsch dieser Menschen zusammen, am Wochenende ruhig und zurückgezogen leben zu können. Folglich leisteten sich diese auch exklusive Objekte. Obschon in Reute aufgrund der Kleinheit bereits der Wegzug weniger Steuerzahler Auswirkungen auf die Steuerkraft der Gemeinde hat, will Pletscher nicht von einem Klumpenrisiko sprechen. «Die Steuererträge sind auf breiter Basis abgestützt.»
Die Steuerkraft der Ausserrhoder Gemeinde STEIN hat sich gemäss Unterlagen des Kantons rückblickend auf die letzten zehn Jahre am zweitbesten (plus 53,5 Prozent) entwickelt. «Wir hatten viele Zuzüge», so Gemeindepräsident Christoph Scheidegger. «Möglich gemacht haben diese Zuzüge eine Zonenplanänderung.» Wöchentlich sei seine Gemeinde mit Anfragen nach Wohnraum konfrontiert. Dass sich darunter viele gute Steuerzahler finden, führt Scheidegger auf fehlende Mietwohnungen zurück. In Stein gäbe es vor allem Wohneigentum zu erwerben, das nicht für alle Leute erschwinglich sei. «Der Ausländeranteil in Stein beträgt nur fünf Prozent», so der Gemeindepräsident, der diesen Umstand allerdings nicht primär zum Nutzen der Gemeinde werten will. «Die Durchmischung in Stein spiegelt nicht die Gesamtbevölkerung.»
Was den Finanzausgleich betrifft, so gehört Stein gemäss Scheideggers Ausführungen nur wegen des Schüler-Kostenbeitrags vom Kanton zu den Bezügern. Aufgrund der Steuerleistung der Einwohner würde man nichts beziehen. Abschliessend erwähnt Scheidegger, dass man in der Rechnung 2012, die demnächst präsentiert werden soll, deutlich höhere Kosten im Sozialbereich wie auch im Schulwesen ausweisen werde.