Herisau
«Ääs go züche»: Im Museum Herisau einen Einblick in die Geschichte der Wirtshäuser im Appenzellerland gewinnen

In Herisau kann noch bis zum 30. Dezember die Vergangenheit des Appenzeller Gastgewerbes betrachtet werden. Diese war geprägt von Bier- und Weinkonsum – aber auch von der Abstinenz und dem Brauereisterben.

Damian Allenspach
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Diese Exponate zieren unter anderem den zweiten Raum.

Diese Exponate zieren unter anderem den zweiten Raum.

Bild: Damian Allenspach

Das Gastgewerbe hat im Appenzellerland eine lange Tradition. Vor über 100 Jahren kam in Trogen auf 78 Einwohner ein Wirtshaus, in Waldstatt gar auf rund 60 Personen. Die Ausstellung «Ääs go züche» zeigt im Museum Herisau mit Fotos und Ausstellungsstücken aus den Jahrhunderten die spannende Geschichte.

Über 50 Beizen in Herisau

Das 20. Jahrhundert war die Blütezeit der Beizen in Herisau. Über 50 gab es seit dessen Beginn bis circa 1990. Von jeder einzelnen, so scheint es, sind Fotos an mehreren Aufstellwänden angebracht. Neben diesen stehen Stühle aus dem 19. Jahrhundert und ein Tisch, welcher mit typischem Besteck aus dieser Zeit gedeckt ist.

Ebenfalls auf dem Tisch sind zwei Tafeln, welche den Besucherinnen und Besuchern das Leben eines Kaufmannes aus dem Jahr 1807, aber auch allgemeines zum 19. Jahrhundert, näherbringen. Der Alltag des Kaufmannes war geprägt von Lokalbesuchen und Vergnügen.

Nachmittags ging er an einem Tag mit der Frau nach Gossau zum Tanz, am nächsten Abend eine Stunde ins Wirtshaus. Sonntags besuchte man sogar mehrere Beizen. Gerne wurde zu dieser Zeit demjenigen, welcher sich etwas zu Schulden kommen liess, ein Wirtshausverbot für zwölf Monate oder mehrere Jahre ausgesprochen. Bis 1940 wurde dieses im Amtsblatt veröffentlicht.

Wein, Bier und Kaffee

Im 18. Jahrhundert sprach man von «Schild-» oder «Reifwirtschaften». «Schildwirtschaften» waren die Gasthöfe, welche den Reisenden eine Unterkunft und warme Mahlzeiten ermöglichen mussten. Die «Reifwirtschaften», auch «Weinschenken» genannt, hatten diesen Zwang nicht.

Der Name «Weinschenke» kommt daher, weil bis zum 1800 hauptsächlich Wein getrunken wurde. Damals war es nicht unüblich, dass der Wein mit Wasser verdünnt wurde, was aber zwingend am Tisch der Gäste passieren musste. Dies hatte auch den Vorteil, dass das Wasser durch den Alkohol gereinigt wurde – die Wasserqualität damals war noch nicht auf dem Stand von heute.

An solchen Tischen versammelte sich «jede Standes- oder Berufsklasse abends, um sich im freien Urteil über alles zu üben, was die Tagesgeschichte der Menschheit darbietet». (1810)

An solchen Tischen versammelte sich «jede Standes- oder Berufsklasse abends, um sich im freien Urteil über alles zu üben, was die Tagesgeschichte der Menschheit darbietet». (1810)

Bild: Damian Allenspach

An den Wänden des kleinen Ausstellungsraumes hängen neben Schwarz-Weiss-Fotos aus den Beizen auch Gemälde von damaligen Gästen oder alte Werbeplakate. In einer Ecke steht ein Tisch, obendrauf mehrere alte Behältnisse für Bier. Anfang des 19. Jahrhunderts veränderte der Gerstensaft die Wirtshauskultur so stark, dass ein Jahrhundert später die Abstinenzbewegung Einzug hielt und die Leute immer mehr den Wunsch nach alkoholfreien Lokalen hegten. So entstanden die ersten Cafés. Waren es 1885 schweizweit über 400 Brauerein, so sank die Zahl bis 1910 auf 150. Heute ist die Brauerei Locher, welche um 1810 gegründet wurde, die letzte verbliebene im Appenzellerland.

«Scheiden tut so weh»

Der nächste Raum ist etwas kleiner, dafür mit einer Besonderheit ausgestattet. Eine alte, aber funktionsfähige Musikbox, welche Hits wie «Scheiden tut so weh» von Heintje oder auch «Wind Of Change» von den Scorpions abspielen kann. Für einen Franken dürfen gleich mehrere Stücke abgespielt werden.

«Ein Mädchen nach Mass» von Chris Roberts oder «Rock, Peter, Rock» von Peter Kraus. Rund 80 verschiedene Stücke kann diese Musikbox abspielen.

«Ein Mädchen nach Mass» von Chris Roberts oder «Rock, Peter, Rock» von Peter Kraus. Rund 80 verschiedene Stücke kann diese Musikbox abspielen.

Bild: Damian Allenspach

In der Ecke dieses Raumes steht der Pfau der ehemaligen Schildwirtschaft «Zum Pfauen», welcher 1971 den Weg ins Museum fand. An der linken Wand sind einige Ausstellungsstücke, darunter eine grosse Fahne des Turnverein Bühler, ausgestellt. Daneben geben diverse Fotos, Statistiken und Texte eine Übersicht über das gesamte Thema. Einige Infotafeln, welche im Raum verteilt sind, verraten etwas über einen Servierkurs im Jahr 1933 oder wie das Beizenleben um 1900 ausgehen hat.

Wer mehr möchte ...

Für diejenigen, welche es ganz genau wissen wollen, sind am 8. August und 14. November öffentliche Führungen geplant. Zusätzlich findet am
31. Oktober die Veranstaltung «WWW – Wirtshäuseln mit Wein und Walser» statt, bei der Texte von Robert Walser mit einer Weinprobe kombiniert werden. Sowohl für die Führungen als auch für die Weinprobe ist eine Anmeldung erforderlich.