20 Jahre amtete Bernhard Thurnherr als Präsident des Tierschutzvereins Vorderland. Mit seinem Rücktritt hofft er auf frischen Wind für den Verein. Auf den Neuen wartet nach wie vor viel Arbeit.
Alessia Pagani
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«Auch das strengste Tierschutzgesetz muss mit gesundem Menschenverstand hinterfragt werden», sagt Bernhard Thurnherr, seit 20 Jahren Präsident des Tierschutzvereins Vorderland. Nun gibt der 62-Jährige das Amt in neue Hände. Anlass genug, auf die vergangenen Jahre und seine Arbeit zurückzuschauen. Und dies tut der Abtretende durchaus kritisch: «Vielleicht muss ich mir vorwerfen lassen, dass wir zu wenig aggressiv waren.» So habe er verpasst, den Verein nicht moderner auszurichten. «Rückblickend bin ich nicht ganz zufrieden. Wir hätten mehr der von uns behandelten Tierschutzfälle öffentlich publik machen sollen. Das Resultat dieser Zurückhaltung ist, dass wir in der Bevölkerung zu wenig wahrgenommen werden», so Thurnherr. Er wünscht sich, dass diese Aufgaben nun Jüngere übernehmen: «Frischer Wind täte dem ganzen Verein sicherlich gut.»
Wie viele andere hat auch der Tierschutzverein Vorderland mit Mitgliederschwund zu kämpfen. «Ein Teil ist der Zeitgeist. Aber es ist auch unser Fehler, wir sind zu wenig autoritär aufgetreten. Einige Mitglieder sind sicherlich auch zu extremeren Verbänden abgewandert.» Während seiner Zeit als Präsident sei er dann und wann auch im Vorstand mit seinen Meinungen angeeckt. So zum Beispiel in der Katzenthematik: «Katzen und deren Anzahl sind das momentan grösste Problem.» Als Tierfreund müsse man allerdings automatisch auch Freund der Natur sein und diese berücksichtigen. In Bezug auf die Katzen dürfe man demnach auch die Vögel und deren schwindenden Lebensraum nicht vergessen. «Das verstehen nicht immer alle Tierschützer.»
Bernhard Thurnherr nennt als positive Meilensteine während seiner Amtszeit die Renovation des Tierheims Tannenhof in Walzenhausen im Jahr 2000, um dessen amtliche Schliessung zu verhindern, und die seit zwei Jahren dauernde Kastrationsaktion für Katzen. Der Tierschutzverein Vorderland hat gemäss dem Heidler bis anhin jährlich über 200 Katzen dieser Massnahme unterzogen. «Es gab Höfe, auf denen lebten bis zu dreissig Katzen.» Thurnherr bemängelt in Bezug auf den Tierschutz vor allem, dass die Gleichgültigkeit der Menschen in den vergangenen Jahren wieder zugenommen habe, und nennt als Beispiel Fellkrägen: «Noch vor zehn Jahren hätte sich damit niemand auf die Strasse getraut, jetzt sieht man sie wieder massenhaft.» Thurnherr gibt zu bedenken, dass die Herkunft dieser Ware meist nicht nachvollziehbar sei. «Das ist das Problem der Schweizer Politiker, die mehr auf den Freihandel denn auf die Tiere Rücksicht nehmen.» Für einige Menschen sei der Beitritt in den Tierschutzverein quasi eine Art «Beruhigungspille» gegen das schlechte Gewissen. «Sie haben diesbezüglich ein ambivalentes Verhältnis: Viele bezahlen einfach die Mitgliederbeiträge und denken, sie hätten ihre Pflicht damit getan. Dem ist nicht so.»
Die Arbeit der Tierschützer sei nicht immer einfach. Sie als Verein hätten keine amtliche Funktion und seien auf das Veterinäramt angewiesen. «Dessen Verhalten ist schon manchmal fragwürdig. Wenn wir einen Fall melden, wird immer nach Beweisen gefragt. Wenn wir Fotos bringen, heisst es, dies sei nur eine Momentaufnahme», so Thurnherr. «Das Veterinäramt verwaltet leider nur noch das Gesetz, statt das Tierwohl aktiv zu fördern. Gemäss Thurnherr hat sich mit der vertieften Ausbildung der Landwirte in Bezug auf den Tierschutz vieles getan. Es würden aber noch Missstände herrschen, auch in Privathaushalten. «Manchmal fehlt den Tierhaltern einfach das Wissen, und sie lernen nicht aus den Fehlern», sagt Thurnherr und nimmt die Behörden in die Mangel: «Die Schwelle für ein Tierhalteverbot ist nach wie vor zu hoch.»
Hinweis
Morgen Abend lädt der Tierschutzverein Mitglieder und Inter-essierte zur Hauptversammung. Diese findet um 20 Uhr im Restaurant Hirschen statt.