Schüler hatten in den Wochen vor Ostern kunstvolle Osterschriften anzufertigen. Disziplin und Drill verlangte auch der einbeinige Lehrer Hans Conrad Sturzenegger im Schulhaus Hub, Wolfhalden.
WOLFHALDEN. «Die Lehrer besassen damals so gut wie keine Vorbildung für ihren verantwortungsvollen Beruf», heisst es in der 1952 erschienenen Ortschronik von Wolfhalden. «Wer zu keinem anderen Beruf Lust und Geschick hatte, der suchte seinen Brotkorb in der Schulmeisterei. So auch H. C. Sturzenegger, der 1793 in den Dienst der Schulrhode Hub-Sonder trat. Vor dem Schuldienst stand Sturzenegger zehn Jahre lang als Söldner in holländischen Diensten. Aus seiner Soldatenzeit war er mit einem Holzbein heimgekommen.»
Wie damals üblich, verlangte auch Sturzenegger von seinen Kindern saubere Osterschriften, die in mühseliger Arbeit mit Gänsekiel und Tinte anzufertigen waren. Der Brauch der Schriften geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Auf ein grosses Blatt schrieben die Schüler Verse aus der Bibel oder dem Gesangsbuch ab. Am Schluss erfolgte die Wiedergabe des grossen und kleinen Alphabets.
Dann verzierte der Lehrer die Schrift mit einem prachtvollen Anfangsbuchstaben, dem Initial. Am Examen prüften der Dorfpfarrer und die Schulvorsteherschaft die Schriftblätter und rangierten sie. Erleichterung herrschte bei den Kindern mit einem Platz im vorderen Drittel, während die Letztrangierten als Versager gnadenlos dem Spott ihrer Mitschüler und oft auch der Erwachsenen ausgesetzt waren. Vor Ostern wurden aber nicht nur Schriftblätter erstellt, sondern auch die am Ostermontag in der Kirche durchgeführten Feierlichkeiten vorbereitet.