Gesamterneuerungswahlen
«Ich will anschieben, verändern, bewirken»: Tina Grosjean-Lämmler will in den Kantonsrat und lanciert damit in Speicher Kampfwahlen

Tina Grosjean-Lämmler aus Speicher strebt einen Sitz im Kantonsrat an. Die 43-Jährige ist im Gewerbeverband aktiv und hat sich in der Gemeinde gegen den Überbauungsplan Unterdorf zur Wehr gesetzt. Ein Gespräch.

Astrid Zysset
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Tina Grosjean-Lämmler ist Co-Präsidentin der GLP Appenzellerland. Nun will sie in den Kantonsrat.

Tina Grosjean-Lämmler ist Co-Präsidentin der GLP Appenzellerland. Nun will sie in den Kantonsrat.

Bild: Astrid Zysset

Sie ist noch relativ neu auf dem Politparkett. Trotzdem will Tina Grosjean-Lämmler aus Speicher durchstarten. An den kommenden Gesamterneuerungswahlen vom 16. April strebt sie einen Sitz im Kantonsrat an. Damit stehen in der Mittelländer Gemeinde Kampfwahlen an, denn von den bisherigen fünf Mitgliedern treten alle nochmals an. Grosjean-Lämmler nimmt diese Ausgangslage gelassen und startet dieser Tage ihre Kampagne in den sozialen Medien, mit Flyern und im Gemeindeblatt. Alles im beschränkten Rahmen. Denn: «Unser Budget ist relativ klein. Darum machen wir das, was unsere Mittel zulassen.»

Alle treten nochmals an

Bislang sitzen für die Gemeinde Speicher Daniel Bühler (FDP), Roland Fischer (FDP), Natalia Bezzola Rausch (FDP), Judith Egger (SP) und die parteilose Gabriela Wirth Barben im Kantonsrat. Alle fünf haben bekannt gegeben, erneut kandidieren zu wollen. (asz)

Mit «uns» meint die 43-Jährige die Grünliberalen (GLP) Appenzellerland. 2021 wurde die Partei gegründet. Heute zählt sie 40 Mitglieder. Grosjean-Lämmler teilt sich das Präsidium mit Samuel Fitzi aus Bühler. Lange war sie in keiner Partei, wollte mit der Parteienlandschaft explizit nichts zu tun haben. Doch es gibt Themen, die ihr am Herzen liegen. Und dafür will sie sich engagieren. Einerseits pocht sie auf eine wirkungsvolle Strategie in Sachen Biodiversität, auf die Umsetzung von Windenergie-Projekten, um unabhängiger vom Ausland zu werden, und auf flexible Arbeitsmodelle, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken. Für diese Bereiche will sie sich engagieren. Zu den aktuellen Themen wie Finanzausgleichsgesetz und Gemeindefusionen hält sie sich eher bedeckt, führt im Gespräch Vor- und Nachteile ins Feld. So oder so: «Aktuell können wir Mitglieder der GLP uns zu allen Themen äussern, aber tatsächlich verändern können wir nichts.» Darum strebt die Partei die Einsitznahme in verschiedenen Gremien an.

Der richtige Zeitpunkt für sie

Der Sprung in den Kantonsrat würde für Grosjean-Lämmler «jetzt einfach passen», wie sie selbst sagt. Bis zum Beginn des neuen Amtsjahres im Juni hat sie ihre Masterarbeit an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Communication Leadership und Management eingereicht. «Wenn das unter Dach und Fach ist, habe ich wieder mehr freie Kapazitäten.» Der Sprung in die Politik ist ihr eine Herzensangelegenheit. Zwar räumt die 43-Jährige ein, dass auf dem politischen Parkett und den dementsprechend längeren Wegen, bis ein Beschluss vorliegt, ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt würde. Doch sie will etwas bewirken. «Ich möchte den Kanton vorwärtsbringen. Und ich möchte meinen Töchtern bezüglich Chancengleichheit einmal eine bessere Ausgangslage bieten, als ich sie angetroffen habe.» Grosjean-Lämmler ist verheiratet, hat vier Kinder und arbeitet als selbstständige Kommunikationsfachfrau.

Eine GLP-Fraktion gibt es im Kantonsrat nicht. Mindestens fünf Mitglieder braucht es, um eine solche zu gründen. Vier GLP-Kandidaturen sind bislang bekannt. «Wir haben unsere Mitglieder angeschrieben und möglichst viele von einer Kandidatur zu überzeugen versucht. Doch vergebens.» In welche Fraktion Grosjean-Lämmler bei einer Wahl in den Kantonsrat daher eintreten wird, weiss sie noch nicht. Das werde parteiintern noch besprochen, gibt sie an. Den grösstmöglichen Nutzen für ihre Anliegen soll angestrebt werden. «Wir müssen das System erst besser kennen lernen und uns überlegen, wie wir zusammen am meisten bewegen können.»

In Speicher für Hallenbad aktiv

Sie tritt als Aussenseiterin an; gegen fünf bestehende Mitglieder anzutreten, ist nicht einfach. In Speicher selbst ist Grosjean-Lämmler zumindest keine Unbekannte. Aufgewachsen in der Gemeinde, ist sie heute in der Arbeitsgruppe Hallenbad aktiv. Vergangenes Jahr hat sie sich zudem an vorderster Front gegen den Überbauungsplan Unterdorf eingesetzt. Ein Engagement, das sie als «Dorfangelegenheit» abtut, an dessen Resultat – vergangenen Mai wurde das Projekt von der Stimmbürgerschaft an der Urne bachab geschickt – sie als Anwohnerin aber einen persönlichen Nutzen draus zieht. Zusammen mit ihrer Familie wohnt sie direkt oberhalb des Schlittelhanges. Weiter ist sie seit ein paar Jahren Leiterin KMU Frauen im Gewerbeverband. «Ich bin eine Macherin», so Grosjean-Lämmler. «Ich will anschieben, verändern, bewirken.» Aber was ist, wenn es gegebenenfalls mit der Wahl in den Kantonsrat nicht klappt? «Dann kann ich mir zumindest nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben.»