Mit 17 Monaten bedingt fiel die Strafe für den Verursacher eines tödlichen Unfalls bei Hundwil relativ milde aus. Strafmildernd wirkte sich aus, dass der Beschuldigte eine ihm nahestehende Person verloren habe.
Zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 17 Monaten hat das Ausserrhoder Kantonsgericht am Dienstag einen heute 33-jährigen Österreicher verurteilt. Der Mann hatte 2014 bei Hundwil unter Alkohol- und Cannabis-Einfluss einen Unfall verursacht, bei dem der 22-jährige Beifahrer, sein bester Freund, getötet wurde.
Der Autolenker war am 27. September 2014 um 23.10 Uhr von Waldstatt nach Hundwil gefahren, um seinen 22-jährigen Freund, der in Hundwil wohnte, nach Hause zu bringen. Nach der Hundwilertobelbrücke fuhr er auf ein langsam fahrendes Auto auf. Er überholte es bei der Lokalität «Tobel», obwohl jederzeit ein anderes Fahrzeug entgegenkommen konnte – was dann auch tatsächlich geschah.
Der Fahrer beendete das Überholmanöver. Die Insassen des überholten und des entgegenkommenden Autos dachten: «Noch mal Glück gehabt» – als der Wagen des Überholenden plötzlich nach links ausbrach, über eine Wiese fuhr und buchstäblich über eine steile Böschung einen Abhang hinunter «flog».
Der Volvo kam auf dem Dach zu liegen; der 22-jährige Beifahrer starb noch an der Unfallstelle. Der Lenker wurde mittelschwer verletzt und lag tagelang auf der Intensivstation. Laut dem Institut für Rechtsmedizin hatte er zum Zeitpunkt des Unfalls eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,95 Promille und einen THC-Gehalt von 8,7 Mikrogramm pro Liter im Blut. Der Grenzwert liegt bei 1,5 Mikrogramm.
Vor Gericht konnte sich der Beschuldigte an nichts mehr erinnern: Ungefähr eine halbe Minute vor dem Unfall setze sein Gedächtnis aus. Er habe nachmittags Bier getrunken, sich aber nicht beeinträchtigt gefühlt. «Sonst wäre ich nicht gefahren.» Seit dem Unfall habe er schwere psychische Probleme – das sah man dem Mann auch an –, immer wieder erwache er nachts und frage sich: «Warum musste das passieren?» Mit der Familie des Getöteten hat er weiterhin Kontakt. «Es tut mir so leid. Es ist für mich wichtig, dorthin zu gehen und zu sagen, wie leid es mir tut.»
Der Staatsanwalt forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten und eine Busse von 4000 Franken wegen fahrlässiger Tötung, grober Verletzung der Verkehrsregeln, Fahrens in fahrunfähigem Zustand, Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln.
Beim Abheben sei der Wagen mit 70 bis 80 km/h «geflogen». Der Ankläger schilderte die verheerende Wirkung der Kombination von Alkohol und Cannabis: Die Psychomotorik sei beeinträchtigt, die Reaktionszeit verlängert. Der Mix verursache massive Leistungseinbussen. Alkohol erhöht ausserdem die Menge an THC im Blut.
Der Vertreter der Eltern des Opfers konnte die Kosten des Schadenersatzes und der Genugtuungssumme noch nicht beziffern. Der Tod ihres Sohnes habe die Eltern schwer getroffen. Die Mutter sei psychisch aus der Bahn geworfen worden. Er sprach von «Schönreden» und kritisierte die Amnesie des Fahrers. «Wieso hat er den Freund nach Hause gefahren und in Gefahr gebracht?», fragte er. Er forderte eine angemessen hohe Strafe.
Der Verteidiger plädierte zwar ebenfalls auf einen Schuldspruch. Statt einer Freiheitsstrafe beantragte er allerdings eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu 100 Franken und eine Busse für den nicht vorbestraften Mann mit einwandfreiem Leumund. Er habe seinen Freund auf dessen Bitte nach Hause gefahren.
Das Ausserrhoder Kantonsgericht verurteilte den Mann im Sinn der Anklage zu 17 Monaten bedingt und einer Probezeit von zwei Jahren. Das Verschulden sei mittelschwer. Strafmildernd wirkte sich aus, dass der Beschuldigte eine ihm nahestehende Person verloren habe. Die Freiheitsstrafe muss bedingt ausgesprochen werden, wenn der Beschuldigte vorstrafenlos ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Margrith Widmer
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