Gemeinschaft in der Zerreissprobe

Oberhelfenschwil hat sich immer ausgezeichnet durch sein gutes politisches Gesprächsklima, durch ausgewogene Entscheide, welche auch Anliegen von Minderheiten berücksichtigten.

Hansruedi Rutz, Feldwiesstrasse 33, 9621 Oberhelfenschwil
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Oberhelfenschwil hat sich immer ausgezeichnet durch sein gutes politisches Gesprächsklima, durch ausgewogene Entscheide, welche auch Anliegen von Minderheiten berücksichtigten. Sollte diese gute Tradition ein Ding der Vergangenheit sein? Im Mai 2015 startete die Gemeinde eine Umfrage zu einer möglichen Gemeindefusion. Der überdurchschnittlich hohe Rücklauf von 51 Prozent der Fragebögen zeigt, wie sehr das Thema die Bevölkerung beschäftigt. Dass sich alle einen tieferen Steuerfuss wünschen, liegt auf der Hand. Dass aber trotzdem weniger als die Hälfte sich gegen einen höheren Steuerfuss bei Selbständigkeit der Gemeinde aussprachen, ist doch erstaunlich.

Grundsätzlich ist eine deutliche Mehrheit der Antwortenden für die Prüfung einer Vereinigung. Allerdings hat nur eine Minderheit der Antworten sich zu einem konkreten Zusammenschluss geäussert, davon 40 Prozent für Bütschwil-Ganterschwil und Lütisburg (BuGaLu), 37 Prozent für die Gemeinde Neckertal und 26 Prozent für andere Thurtaler Gemeinden. 51 Prozent dagegen votierten deutlich für einen grösseren, regionalen Zusammenschluss. Der Gemeinderat hat aufgrund dieser Umfrage einseitig nur mit BuGaLu den Kontakt gesucht, ohne Alternativen in Betracht zu ziehen.

Er ist mit einem Vereinigungsvorschlag vorgeprescht, der nun am 29. November eingeleitet werden soll. Lassen wir uns nichts vormachen darüber, dass dieser Entscheid noch nicht bindend sein soll. Niemand gibt Zehntausende von Franken für ein ausgearbeitetes Projekt aus, wenn er gar kein Haus bauen will! Mit einem Ja würde eine falsche Zuordnung auf Jahrzehnte zementiert.

Geographisch gehört Oberhelfenschwil eindeutig mehrheitlich ins Neckertal, ein grosser Teil der Bevölkerung orientiert sich dagegen ins Thurtal. Doch nicht nach BuGaLu, mit denen wenig Kontakt besteht, sondern vorrangig auf den Verkehrs- und Wirtschaftsstandort Wattwil/Lichtensteig. Die emotionalen und institutionellen Verbindungen hingegen gehen alle ins Neckertal.

Allem voran die Schule, deren Oberstufe schon immer in Necker war und die seit vielen Jahren als gemeinsame Schulgemeinde erfolgreich geführt wird. Die katholische Kirche ist schon länger ausser mit Lichtensteig auch mit den Neckertaler Gemeinden verbunden, die evangelische Kirche hat diesen Schritt vor kurzem getan. Feuerwehr, Zivilschutz, die Spitex, wir führen sie schon lange mit den Neckertalern. Und nicht zu vergessen, ein bedeutender Teil der Oberhelfenschwiler Bevölkerung lebt im Neckertal, fast wie in einer Enklave in der vereinigten Neckertaler Gemeinde. Und was spricht für BuGaLu? Einzig, dass der Steuerfuss einige Prozente tiefer zu erwarten ist als heute. Oder wie es ein Mitbürger sehr direkt ausdrückte: Wir gehen doch nicht freiwillig ins Armenhaus. Wie fühlen sich da unsere Neckertaler Nachbarn, mit denen wir jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet haben?

Die Glarner haben es uns vorgemacht, wie eine zeitgemässe Administrationsverteilung aussehen könnte. Für uns würde das heissen: eine Gemeinde Oberes Toggenburg von Wildhaus bis Krummenau, Mittleres Toggenburg mit Neckertal von Ebnat-Kappel bis Oberhelfenschwil und unteres Toggenburg mit BuGaLu, Mosnang und Kirchberg. Lassen wir Raum frei für eine zukunftsträchtige Lösung. Entscheiden wir uns mit dem Herzen und nicht mit dem Geldsäckel. Sagen wir Ja zu unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Necker, auf der Wasserfluh und dem Uttenwil. Sagen wir Nein zu einer unsinnigen Zuordnung zu Gemeinden, die uns gar nicht wollen.