Apnoe- oder Freitauchen gilt als Extremsportart. Der Wattwiler Instruktor René Trost hat nun erstmals einen Teilnehmer mit körperlicher Behinderung geschult. Dabei stand nicht die sportliche Leistung im Vordergrund.
WATTWIL/NESSLAU. Im 2012 gegründeten Verein Freediving Ostschweiz trifft sich eine Gruppe regionaler Apnoe-Taucher (siehe Kasten), um gemeinsam ihrer Leidenschaft nachzugehen. Dessen Initiator ist René Trost. Der 44jährige Wattwiler ist seit 1990 ein begeisterter Taucher, stieg jedoch erst 2008 auf das Freitauchen um und bildete sich stetig weiter.
Als Instruktor leitete er bereits in der ganzen Deutschschweiz zahlreiche Kurse. Dabei stellte jener Ende August im Hallenbad Nesslau ein Novum in der Apnoe-Szene dar. Denn mit Simon Staub, der seit einem Sportunfall vor zweieinhalb Jahren querschnittgelähmt ist, versuchte sich erstmals ein Teilnehmer mit einem körperlichen Handicap in dieser Sportart des Freitauchens. «Meinen Recherchen zufolge hat es einen solchen Versuch bisher noch nie gegeben», sagt René Trost. Für beide Seiten sei es im Nachhinein betrachtet eine ganz spezielle Erfahrung gewesen.
Nach seinem Schicksalsschlag wollte Simon Staub weiterhin Sport treiben. Weil der Zürcher Lust auf etwas Neues verspürte, suchte er den Kontakt mit dem Toggenburger Apnoe-Instruktor. Im eintägigen Grundkurs lernte Staub die theoretischen sowie praktischen Grundlagen des Apnoe-Tauchens kennen und erlangte zum Ende ein Diplom. Er habe im Kurs die gleichen Inhalte wie üblich vermittelt, sagt René Trost. «Selbstverständlich nahm ich aber Rücksicht, weil Simon nur Übungen im Sitzen oder Liegen machen konnte.» Zudem habe er sich mehr Zeit nehmen müssen. Damit allerdings Menschen mit einer Behinderung freitauchen können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Apnoe-Tauchen komme nur bei einer körperlichen Beeinträchtigung in Frage, sagt der Instruktor. «Für geistig Behinderte wären dagegen die Risiken zu gross.» Eine zweite Bedingung ist ein guter gesundheitlicher Zustand des Teilnehmers. Dies hätten sie bei Simon Staub bereits im Vorfeld abklären lassen, erläutert Trost. «So können Medikamente zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Schwindel führen.» Als weitere Voraussetzung sollte die Infrastruktur für das Training behindertengerecht sein. Das Hallenbad Nesslau biete in dieser Hinsicht ideale Bedingungen, lobt Trost. «Beispielsweise sind ein Rollstuhllift oder in der Umkleidekabine eine spezielle Liege vorhanden.»
Nebst den bereits nach kurzer Zeit erzielten sportlichen Fortschritten hebt Simon Staub noch andere positive Aspekte des Lehrgangs hervor. «Ich genoss das schwerelose Gefühl im Wasser.» Es war ein gutes Gefühl, einfach loszulassen. Zudem verspüre er im Wasser weniger Schmerzen, sagt Staub.
Die gewonnenen Erkenntnisse will Trost auch weiterhin nutzen. Er könne sich vorstellen, künftig spezielle Kurse für Behinderte anzubieten. «Diesbezüglich bin ich in Kontakt mit einem renommierten Paraplegiker-Zentrum.» Denkbar sei, Apnoe-Tauchen zu therapeutischen Zwecken im Rahmen einer Rehabilitation anzuwenden.