Im traditionellen Kinderkonzert im Chössi-Theater wetteiferten Solisten und Orchester miteinander. Fast wie im Fussball gab es dabei Aufbau, Zuspiel, Dribbling sowie Meisterschüsse noch und noch.
Auch ein Foul war zu verzeichnen, stellte doch mitten im Presto des Schlusssatzes von Vivaldis Concerto grosso die erste Violine der zweiten glatt ein Bein, was diese natürlich aus dem Takt schleuderte. Dass es tatsächlich ein dreistes Foul war, konnte man im Publikum deutlich sehen, vor allem dann, als die clownesk agierenden Solistinnen das Ganze noch einmal in Zeitlupe zeigten, wie bei der Filmaufzeichnung eines Spiels der Champions League im Fernsehen.
Aber alles schön der Reihe nach. Dem diesjährigen Kinder- und Familienkonzert in Zusammenarbeit des Chössi-Theaters (Gofe-Chössi) mit dem Konzertzyklus Pro Wattwil lag eine Idee des namhaften Zürcher Streichensembles Le donne virtuose zu Grunde. Die vier Solistinnen Fränzi Frick, Caterina Klemm (beide Violine), Nicole Hitz (Viola) und Eva-Maria Burkard (Cello) sind neben ihrem klassischen Repertoire auch offen für Einflüsse aus der Unterhaltungsmusik. Seit einiger Zeit treten sie auch immer wieder in Konzertanlässen für Kinder auf. In Lichtensteig massen sie sich in humoristischer Weise an den jugendlichen Musizierenden des an der Kanti beheimateten Jugendorchesters Vivaldissimo. Ausschlaggebend war die Idee (Fränzi Frick), ein alle Register ziehendes klassisches Werk (es handelte sich um Vivaldis Concerto grosso, op. 3, Nr. 11) mit einem Fussballspiel zu vergleichen, bei dem nicht nur zusammen gespielt, sondern auch gekämpft wurde. Denn schliesslich, so erinnerte Fränzi Frick in ihrer humorvollen Moderation, liegt dem Begriff Konzert das lateinische «concertare» zu Grunde, und das heisst «miteinander kämpfen». Schon der Auftritt der beiden Ensembles war denn auch sportlich-kämpferisch. So spurteten die Vivaldissimi im Turndress auf die Bühne, währenddem die glitzernd herausgeputzten virtuosen Damen ihre Siegessicherheit mit heftigem Armfuchteln markierten. Zu Unrecht, wie sich später herausstellte. Denn die musikalischen Leistungen von Orchester und den vier Solistinnen mussten den Applaus-Test bestehen, und zwar via Phonstärke, und der war bei Vivaldissimo stärker, vielleicht auch deshalb, weil die jüngeren Zuhörer entschlossener trampelten als die älteren.
Dieses Szenario erlaubte es, den Aufbau eines klassischen Orchesters humoristisch-leicht und damit auch für die jüngeren Zuhörer attraktiv zu vermitteln. Dabei ergaben sich verblüffende Parallelen mit dem populären Rasenspiel. Das Publikum verwandelte sich in Fangruppen, die Basso-continuo-Instrumente «mauerten» als Verteidiger-Block, Celli und Violen waren das bewegliche und umsichtige Mittelfeld, währenddem die Violinen flink und überraschend für dynamisches Geschehen vor den Toren sorgten. Das Publikum ging bei diesem dramatischen Spiel in allen Sequenzen lebhaft mit. Zum Gelingen des attraktiven Konzerts trug alles bei: Die präzisen Einsätze und dynamischen Fortissimi des Orchesters so gut wie das virtuose Spiel der Solistinnen, das ihrem Namen alle Ehre machte. Die Organisatoren zeigten sich erfreut darüber, dass die Tribüne bis zur hinterste Reihe voll besetzt war. «Die Kinderkonzerte hier im Chössi-Theater sind schon seit vielen Jahren ein wichtiges Ereignis in der Toggenburger Musikszene», bestätigte Hermann Ostendarp, musikalischer Leiter des Vivaldissimo, nach dem Konzert. «Es trägt mit dazu bei, dass die selbst betriebene Musik auch bei den heutigen Kindern und Jugendlichen beliebt bleibt.» Das bestätigten auch zwei der jugendlichen Musizierenden, Irina (Cello) und Julie (Kontrabass): Zusammen Musik machen sei eh schön, und wenn man das dann noch im Zusammenwirken mit professionellen Solisten machen könne, sei es erst recht ein Erlebnis.