Flucht durchs Fenster

Roman Riklins erste Band probte in einem Keller des Kollegiums in Appenzell. Heute kehrt er mit Heinz de Specht ins Appenzellerland zurück.

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Roman Riklin, mit Heinz de Specht treten Sie heute abend in Appenzell auf. Offenbar ist es eine Rückkehr an eine alte Wirkungsstätte?

Roman Riklin: Meine erste Band war die Mundart-Rockband «Mumpitz»; die entstand in den frühen 1990er-Jahren am Kollegium St. Antonius in Appenzell, das die Freunde besuchten. Wir probten im Keller des Gymis; ich kam jeweils mit dem Töffli oder per Anhalter von St. Gallen nach Appenzell. Das Gymnasium war für mich eine abstruse Welt. Wir probten jeweils bis spät abends, die Türen waren längst verschlossen, und ich hielt mich so eigentlich verbotenerweise in den Klosterräumen auf. Ich musste das Gymi durch ein Fenster wieder verlassen. Das hatte etwas Abenteuerliches.

Heinz de Specht macht Kleinkunst – eine urbane Kunstform. Wie kommt die im ländlichen Appenzell an?

Roman Riklin: Das ist eine spannende Behauptung! Wir haben es bei Auftritten in Städten vielleicht tatsächlich einfacher. In Zürich zum Beispiel spielen wir unser Programm während eines Monats. Später besuchen wir viele kleinere Orte auf dem Land; im Appenzellerland gibt es mehrere Kulturvereine; es sind solche Gelegenheiten, bei denen wir auftreten. In der Stadt kommt das Publikum, das wir zu erreichen versuchen. Auf dem Land spiegelt das jeweilige Publikum oft den Veranstalter. Ob komisch oder witzig und cool.

Um das Publikum musikalisch zu therapieren, zerren Heinz de Specht Missstände und Absurditäten in der Gesellschaft ins Bühnenlicht, heisst es in der Promotion für Ihren Auftritt. Kann Kunst eine Therapie sein?

Roman Riklin: Die Menschen zum Lachen zu bringen, ist eine Therapie, ja. Und sie ist noch heilender, wenn die Leute über sich selber lachen. Wir wollen das Publikum aber auch zum Nachdenken anregen. Heinz de Specht will hinterrücks sein: Immer wieder gibt es in unserem Programm Momente, die ernst sind und überhaupt nicht lustig. In diesem Wechselspiel kann sich das Publikum nicht einfach nur wohl fühlen wie auf dem Sofa vor dem Fernseher.

Was ist prägend für Ihr neues Programm «schön»?

Roman Riklin: Es gibt keinen prägenden roten Faden. «Schön» ist nicht vollkommen anders als die Vorgängerprogramme; es ist ein Liederzyklus.

Wo unterscheidet es sich dennoch von den früheren Programmen?

Roman Riklin: Es bestehen zum Teil unsichtbare Fäden, die verschiedene Lieder verbinden. Bei drei Songs im Programm zum Beispiel kreuzen sich die Geschehnisse im Restaurant Löwen. Der eigentliche rote Faden, das sind aber die drei Liedermacher, die auf je eigene Art auf die Welt blicken, Details herauspicken und damit zeigen, wie eigenartig die Welt in mancherlei Beziehung ist.

Interview: Guido Berlinger-Bolt

Roman Riklin tritt mit Heinz de Specht heute um 20 Uhr in der Aula Gringel in Appenzell auf; Tickets über www.kulturkiosk.ch oder in der Touristinformation in der Hauptgasse 4, Appenzell.