Kritik
«Für einzelne Gemeinden existenzbedrohend»: So äussern sich die Ausserrhoder Parteiunabhängigen zum neuen Finanzausgleichsgesetz

Wie soll der kantonale Finanzausgleich künftig gestaltet sein? Im Rahmen der Vernehmlassung äussern die Parteiunabhängigen Appenzell Ausserrhoden Kritik zum Vorschlag der Regierung. Sie schlagen unter anderem eine Umverteilung von Aufgaben zwischen Gemeinden und Kanton vor.

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Der neue Finanzausgleich benachteilige insbesondere Hundwil, finden die Parteiunabhängigen Appenzell Ausserrhoden.

Der neue Finanzausgleich benachteilige insbesondere Hundwil, finden die Parteiunabhängigen Appenzell Ausserrhoden.

Bild: Karin Erni

Die Vorlage der Ausserrhoder Regierung zur Neugestaltung des kantonalen Finanzausgleichs wird derzeit rege diskutiert. Im Rahmen der Vernehmlassung äussern sich die Parteiunabhängigen Appenzell Ausserrhoden (PU AR). In einer Medienmitteilung begrüssen sie die schlüssige Grundidee mit der klaren Trennung von Ressourcen- und Lastenausgleich. Die PU kritisieren jedoch: «Die Auswirkungen des Finanzausgleichsgesetzes können für einzelne Gemeinden existenzbedrohend sein.» Die Schaffung von Härtefällen ohne Gegenmassnahmen sei staatspolitisch problematisch. Ein Sockelbeitrag, eine Härtefallregel oder ein Solidaritätsbeitrag wären gezielter und prüfenswert.

Ausstattungsquote sowie Abschöpfungsquote bezeichnen die PU als willkürlich. Mit der vorgeschlagenen Auslegung des Finanzausgleichs mit einer finanzpolitischen Wahl von 80 Prozent Ausstattungsquote 27 Prozent Abschöpfungsquote würden die Ziele sowohl in der aktuellen Kantonsverfassung als auch in der künftigen Kantonsverfassung gemäss Entwurf nicht erreicht.

Problematischer Parameter

Als problematisch bezeichnen die PU die Höhe des Mittelpunktes der Siedlungsfläche. Aufgrund der geringen Unterschiede zwischen den Gemeinden scheine dies nicht zielführend. Speziell im Fall von Hundwil mit einer Höhenbandbreite von 654 bis 2501 m ü. M. habe dieses System Schwächen. In Hundwil, der heute ärmsten Ausserrhoder Gemeinde, könnte mit dem neuen Finanzausgleich der Steuerfuss auf 5,7 Einheiten steigen. Die PU machen die Berechnungsgrundlage des Mittelpunktes der Siedlungsfläche als wesentlichen Grund für die Benachteiligung Hundwils aus. Im Schreiben heisst es: «Das Appenzellerland ist zu Recht stolz auf die touristische Anziehungskraft von Schwägalp und Säntis. Hundwil hat hier aber einige Sonderlasten zu tragen. Dies gilt es besser zu berücksichtigen.»

Weitere Faktoren seien die Streusiedlungen und die raumplanerischen Besonderheiten. Diese müssten angemessen berücksichtigt werden, so die PU. Wenn viele Menschen ausserhalb des Siedlungsgebietes leben, bedeute dies für die Gemeinden finanziellen Zusatzaufwand. Die PU ist deshalb skeptisch, ob der vorgeschlagene Parameter Einwohnerzahl–Gemeindefläche mit den vorhandenen Sonderlasten angemessen ausgestaltet ist.

Mangelnde Berücksichtigung der Steuerkraft

Weiter würden die Steuerfüsse und die Steuerkraft nicht oder zu wenig berücksichtigt. Diese Werte hätten aufgrund von Zu- oder Abwanderung Auswirkungen auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden und sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Eine erzwungene Steuerfusserhöhung auf über fünf Einheiten lehnen die PU ab; faktisch führe dies zu einer Zwangsfusion. Der bisherige Finanzausgleich mit acht Beitragszahlenden und zwölf Empfängern sei deutlich ausgeglichener gestaltet. Die Abhängigkeit von Kanton und Teufen könne keine dauerhafte und nachhaltige Lösung sein.

Um die Unterschiede von Steuerfüssen und Auswirkungen von Spezialereignissen auf einzelne Gemeinden zu minimieren, seien anlässlich einer Überarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes Aufgabenverschiebungen zwischen Gemeinden und Kanton denkbar. So könnten Volksschule, Fremdplatzierungen resp. Kesb-Massnahmen, Pflegefinanzierung, Ergänzungsleistungen oder andere Aufgaben an den Kanton übertragen werden. Damit verbunden wären eine Senkung der Gemeindesteuern und eine Erhöhung der Kantonssteuern. Diese Verschiebung von Steuereinheiten sollte für die Steuerzahlenden möglichst kostenneutral erfolgen und für finanzstarke Gemeinden mit tiefen Steuerfüssen eine kleinere Reduktion, für finanzschwache Gemeinden mit höheren Steuerfüssen eine grössere Reduktion zur Folge haben. Das Ziel einer gewissen Angleichung der Steuerfüsse auf Gemeindeebene wäre damit erreichbar, ist die PU überzeugt.

Der Vorschlag des neuen Finanzhaushaltsgesetzes sei zumindest in Teilen schwer nachvollziehbar. Kritisiert wird auch, dass der Regierungsrat nicht mehr Geld für den Finanzausgleich zur Verfügung stellen will. Als Konsequenz könnten einige Gemeinden in Schwierigkeiten kommen, was den Zusammenhalt im Kanton auf die Probe stellen würde. Eine Qualität der Appenzeller war und ist gelebte Solidarität auch mit Schwächeren. (pd)