An der 153. Delegiertenversammlung des Appenzellischen Feuerwehrverbands haben Lokal- und Nationalpolitiker die Bedeutung von Freiwilligenarbeit für die Schweiz unterstrichen.
Samstagabend, Turnhalle Oberegg, kurz vor Beginn der Delegiertenversammlung des Appenzellischen Feuerwehrverbands. Ein kräftiger Mann ruft in lautem Kommandoton, ein Auto mit AR-Nummer habe noch das Licht an. Er gebe seinem Besitzer eine halbe Minute, um es auszuschalten, wenn er noch nach Hause zu fahren gedenke.
«Oha», sagt man sich und will sich gerade auf eine steife Versammlung einstellen, bei der man sich vor dem Sprechen militärisch anmelden muss, als der Mann lacht und das Publikum mit ihm. Aapropos «noch nach Hause fahren wollen» hört man sich denken: Warum? Es ist schön in Oberegg.
Der Mann heisst Bruno Schläpfer und ist Präsident des Appenzellischen Feuerwehrverbands. Die Versammlung eröffnet er mit den Worten, die Besucher physischer Veranstaltungen, die in der Pandemie nicht mehr stattfanden, seit deren Ende so oder anders immer wieder hören: Endlich treffe man sich wieder persönlich.
Es sei auch die erste Delegiertenversammlung im «Light-Format»: Man habe vor einem Jahr beschlossen, sich an der DV auf die statutarischen Geschäfte zu konzentrieren, um möglichst schnell zum gemütlichen Teil zu gelangen.
Gesagt, getan: Ohne Gegenstimme oder Enthaltungen werden Protokoll, Jahresbericht, Jahresrechnung, Revisionsbericht und Budget 2023 genehmigt. Die Verbandsbeiträge werden halbiert. Der Vorstand wird wiedergewählt: Stephan Schmocker (Vorderland) aus Eggersriet, Claudia Frick (Hinterland) aus Urnäsch, Gustav Fitze (Mittelland) aus Bühler und Markus Rusch (Inneres Land) aus Weissbad.
Einstimmig wird Präsident Bruno Schläpfer bestätigt. Nico Hafner aus Schwellbrunn tritt aus der GPK aus, für ihn kommt Maria Mathis aus Urnäsch. Anträge gibt es keine. Bekannt gegeben werden folgende Kommandowechsel: In Appenzell folgt auf Andreas Fässler Markus Speck, in Schwende auf Franz Signer Mario Dobler, in Speicher auf Bruno Eugster Thomas Gmünder und in Trogen auf Reto Jakob Samuel Romer.
Andreas Fässler wird als Ehrenmitglied des Appenzellischen Feuerwehrverbands aufgenommen. Die nächste Delegiertenversammlung findet am 9. März 2024 in Bühler statt. Fertig.
Es ist ein Treffen von Freunden in einem offiziellen Rahmen, mit einem Leader, der alle hinter sich weiss. Schläpfer dankt ihnen für ihre Einsatzbereitschaft, aber auch den Familien zuhause, die «uns gehen lassen, wenn der Alarm kommt».
Kameradschaft und Loyalität werden grossgeschrieben in der Feuerwehr, das ist in der Turnhalle von Oberegg vom ersten Moment an mit Händen zu greifen. Wer die Gemeinschaft und eine sinnstiftende Tätigkeit sucht, eine Ader für Adrenalin und Gefahr hat, der könnte hier glücklich werden.
Andrea Caroni, Ständerat Appenzell Ausserrhoden, übernimmt das Wort. Seine Milizerfahrung beschränke sich auf Militär und Politik, wo man aber ab und zu auch Brände löschen müsse. Als Volksvertreter habe er sich vorgenommen, mit den Direktbetroffenen zu sprechen. Er habe Bruno Schläpfer gefragt, was er brauche von der Politik, und Schläpfer habe gesagt: «Nichts.» Was für eine Antwort. In einer Zeit, in der jeder nimmt, was er bekommen kann.
Hansueli Reutegger, Regierungsrat sowie Verwaltungsrat der Assekuranz, die seit über 170 Jahren Gebäude und Grundstücke in Ausserrhoden obligatorisch gegen Feuer- und Elementarschäden versichert, überbringt die Grüsse der Standeskommission – es sei ein Privileg, als Ausserrhoder Regierungsrat auf Innerrhoder Boden die Grüsse der Innerrhoder Regierung zu überbringen. Landesfähnrich Jakob Signer sei verhindert.
Er dankt der Feuerwehr für ihre tägliche Bereitschaft und ihren Einsatz sowie die gute Zusammenarbeit. Sorgen machen ihm die Milizarbeit: Sie sei in der Schweiz für das Funktionieren vieler Institutionen zentral, insbesondere für die Feuerwehr. Es brauche immer mehr Zeit für die Ausbildung, das Mass der geleisteten Stunden sei enorm.
Genügend Mitglieder zu rekrutieren, werde immer schwieriger werden. Es sei nicht mehr jeder und jede bereit, einen grossen Teil der Freizeit für die Allgemeinheit zu opfern. Man müsse der Jugend schon früh zeigen, wie cool die Feuerwehr sei.
Hannes Bruderer, Bezirkshauptmann von Oberegg, legt den Finger auf einen weiteren wunden Punkt: In Oberegg sei die Feuerwehr in einem Zweckverband mit der Gemeinde Reute organisiert. Zweckverbände seien unterdessen üblich, doch 2001 sei das die erste kantonsübergreifende Fusion in der Schweiz gewesen. Es störe niemanden, ob die Feuerwehr aus Oberegg komme oder Reute.
Oberegg habe mit seinen rund 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein herausforderndes Einsatzgebiet – wie üblich im Appenzellerland. Als Innerrhoder Exklave sei man ganz besonders auf interkantonale Kooperationen angewiesen. Bruderer wünschte sich, dass die Koordination wenigstens innerhalb des Appenzellerlandes etwas einfacher funktionieren würde. Als gutes Zeichen wertet er es immerhin, dass die Grussworte koordiniert worden seien. Das lasse hoffen.