Erinnerungen an glorreiche Zeiten

Die Obertoggenburger Simon Ammann und Martin Künzle gehören an der Ski-WM der Nordischen in Val di Fiemme zu den Schweizer Hoffnungsträgern. Vor Jahren traten sie in Predazzo gegeneinander an. Nun sind die beiden dort, um Hand in Hand erfolgreich zu kämpfen.

Urs Huwyler
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SKISPRINGEN. Seit Sommer 2008 sind sie in eidgenössischer Mission gemeinsam unterwegs, die beiden Skispringer Martin Künzle und Simon Ammann. Derzeit versuchen der noch aktive Springer und sein ebenso aktiver Trainer die Fliegerszene an der WM im Trentino aufzumischen. Olympiasiege, WM-Medaillen und Titel, Gesamtweltcupsieg, die «glorreichen Zwei» lassen nichts aus. Entsprechend hoch sind die Erwartungen beim Auftritt der einstigen Wildhauser JO-Konkurrenten auch diesmal. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie auch 2013 im Kampf um die Podestplätze dabei sein werden.

Flug über die Schanze

1995 oder so dürfte es gewesen sein, als Klein-Martin und Klein-Simon gegeneinander antraten. «Die Sommercamps fanden jeweils hier in Pedrazzo statt», erinnert sich «Simi flieg» an vergangene Zeiten. «Es stand damals noch eine kleine 60-Meter-Schanze», erzählt sein Chef und gesteht, sein Schützling sei schon damals weiter gesprungen als er. «Wir haben auf dem Pferdeplatz neben dem Hotel jeweils selbst bei strömendem Regen auch Fussball gespielt», zieht Simon Ammann nach und übergiesst Martin Künzle nicht mit einem spielerischen Kompliment. «Als Trainer ist er besser als mit dem Fussball.» Negative Auswirkungen wird die ehrlich kritische Beurteilung auf das Zusammenleben keine haben. Martin Künzle hörte nicht, was Simon Ammann herzhaft lachend für die Ewigkeit festhielt.

Derzeit steht die Hobby-Balltreterei allerdings nicht im Fokus. Zusammen wollen sie ihre beeindruckende Erfolgsbilanz nach einem kleinen Durchhänger an der Vierschanzentournée verbessern. Als Einstieg ins WM-Abenteuer bestieg Simon Ammann auf dem Flugplatz in Mollis ein Kleinflugzeug und genoss die Reise als Co-Pilot (ich war mehr Passagier) nach Bozen. Sie flogen durch das Tal bis Pedrazzo und über die Schanzenanlage. «Es war die richtige Einstimmung auf die WM. Steige ich nach vier Stunden über den Brenner und durch Tunnels aus dem Auto, muss ich mich erholen. Steige ich jedoch aus dem Flugzeug, habe ich die traumhaften Bilder von den Alpen und der Schanze von oben noch drei Tage danach vor Augen», schwärmte der (noch nicht) Berufspilot. An Swiss Ski formulierte er einen bescheidenen Wunsch: Den Langläufern wurde auf diese Saison hin für eine halbe Million Franken ein Wachs-Truck eingerichtet. «Wir wären schon mit einem Flugzeug zufrieden», sandte er wiederum herzhaft lachend die Botschaft Richtung Präsident Urs Lehmann. Die über 20 aus der Schweiz zu Ehren der Skispringer angereisten Journalisten nahmen den Hinweis auf. Sollten die Schweizer 2014 in einem Privatjet zu den Olympischen Spielen ins russische Sotschi fliegen dürfen, hätten sie es einem Toggenburger zu verdanken.

Reges Interesse

Das Interesse am Duo scheint in der Heimat ungebrochen. Martin Künzle stand 45 Minuten Red und Antwort, beantwortete Fragen zur Technik, zum Formstand, zur Vorbereitung, zur Planung und was es sonst noch alles gibt. «Wir sind bereit. Es ist vieles möglich. Ob mit Rücken- oder Aufwind. Einzig Gregor Schlierenzauer springt derzeit konstant auf hohem Niveau. Für mich ist es wichtig, dass wir mit einem Team am Start sind. Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Österreicher derart Mühe haben mit der Umstellung auf die neuen Reglemente», nannte er auch jenen Mann, den es im Kampf um Gold zu schlagen gilt.

WM-Stimmung fehlt noch

Simon Ammann philosophierte über die bisher nicht vorhandene WM-Stimmung. Im Tal ist noch herzlich wenig von den Titelkämpfen zu spüren. «Für mich ist es nicht wichtig, ob 50 oder 50 000 Leute im Stadion zuschauen. Entscheidend muss sein, dass sich die Schanze in einem perfekten Zustand befindet, die Atmosphäre in unserem kleinen Team passt. Und dem ist so. Der Rest ergibt sich.» Der Rest ergebe sich. Vor andern Grossanlässen war es nicht anders. Man darf gespannt sein.