Die Sache mit «Rosalie»

Mit einem ausverkauften Konzertabend nahm das Chössi-Theater am Samstagabend den Winter in Angriff. Zur aussergewöhnlichen «Balkan-Stobete» spielten Goran Kovacevic und das Appenzeller Echo auf.

Michael Hug
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Benjamin Rempfler, Josef Rempfler, Goran Kovacevic und Walter Neff (von links). (Bild: Michael Hug)

Benjamin Rempfler, Josef Rempfler, Goran Kovacevic und Walter Neff (von links). (Bild: Michael Hug)

Der Ruf eilt ihnen in Siebenmeilenstiefeln voraus. Wo das ziemlich aussergewöhnlich gemischte Quartett mit dem Projektnamen «Goran Kovacevic meets Appenzeller Echo» auftritt, füllt es mühelos die Säle und bringt Sitzplatzkoordinatoren zum Verzweifeln. Auch im Lichtensteiger «Chössi» war das am Samstagabend nicht anders. Der letzte Stuhl musste vom Estrich geholt werden, um den Andrang zu befriedigen. Dabei war das Konzert Tage im Voraus ausverkauft, doch einige Fans stellten sich aufs Geratewohl beim Kassenhäuschen an. Dort gab es keine Tickets, nur Platzanweisungen.

Dabei hatte das Toggenburg vor einigen Wochen die Chance, den Schweizer Ausnahmeakkordeonisten mit Balkanwurzeln und die drei Innerrhoder Volksmusiker live zu erleben. Der Auftritt an den Jazztagen scheint im Publikum aber mehr Lust geweckt zu haben. Entgegen der unruhigen Atmosphäre im August in der Kalberhalle konnte sich das Publikum im «Chössi» voll und ganz auf die Musiker und ihre Musik einstellen. Auch umgekehrt: Die vier Musiker durften ihre ganze Aufmerksamkeit ihrer Musik und dem äusserst aufmerksamen Publikum widmen. Schon in den ersten Stücken zeigte sich, wohin die Reise geht. Gemäss der Herkunft von Goran Kovacevic (Akkordeon), Josef (Violine) und Benjamin Rempfler (Hackbrett) sowie Walter Neff (Bass) führte sie vom Appenzellischen in den Osten und zurück, mit Abstechern nach Israel und Indien. Mit leichter Hand mischte man Hiesiges und Dortiges, eigene und Kompositionen aus dritter Hand, Bewährtes und Experimentelles. Kovacevic zelebrierte mit seiner Komposition «Both» einen Crossover von Klezmerrhythmen zu den Wurzeln der indischen Zigeunermusik, während Walter Neff ein Stück von Walter Alder richtiggehend inszenierte. In beiden Stücken gab es Zitate. Bei der Alder-Komposition «Im alte Fahrwasser» handelt es sich um das Original von Bliggs «Rosalie».

Die «Balkan-Stobete», vor kurzer Zeit noch ein Projekt, ist zur vielbejubelten Stobete-Tournee gereift. Wie viele Schweizer Volksmusiker sind die Rempflers und Neff Hobbymusiker. Landwirt und IT-Supporter ist der ältere Rempfler, Landwirt und Maurer-Polier der Jüngere und Neff ist Koch-Ausbildner. Der Profi im Quartett ist Kovacevic, doch die Unterschiede stehen nur auf dem Papier. In der «Balkan-Stobete» ist davon nichts zu spüren. Es ist ein begeisterndes und vom Publikum mit Ovationen belohntes Experiment, das seinem Ruf weit vorauseilt.