Der intelligente Kochtopf

Mit Interesse verfolgten meine Liebste und ich die Meldung am Radio, wie wichtig in der Schweiz Innovationen seien. Diese seien letztlich der Motor unseres wirtschaftlichen Erfolgs und die Grundlage unseres Wohlstands.

Peter Abegglen
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Bild: Peter Abegglen

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Mit Interesse verfolgten meine Liebste und ich die Meldung am Radio, wie wichtig in der Schweiz Innovationen seien. Diese seien letztlich der Motor unseres wirtschaftlichen Erfolgs und die Grundlage unseres Wohlstands. So stehe eine Erfindung kurz vor der Markteinführung: Ein intelligenter Dampfkochtopf, das heisst ein Dampfkochtopf, der über eine App gesteuert wird. Das geht so: Über die App wird das Rezept bezogen, die Zutaten werden gemäss Anweisung vorbereitet und in den Dampfkochtopf gegeben. Für Einsteiger sei die App genial. Man könne sofort loslegen, ohne Angst haben zu müssen, etwas falsch zu machen. Das Programm sagt genau, was zu tun ist. Man könnte auch kurz aus der Küche spazieren – via Pushmeldung auf das Smartphone wird man sofort auf wichtige Vorgänge aufmerksam gemacht.

Meine Liebste wurde hellwach und meinte, mir schien mit einem verräterisch triumphierenden Lächeln: «Super, so bringt man endlich die Männer häufiger an den Herd.» Weil die IT-Kompetenz auch bezüglich Zielgruppenorientierung von Apps in unserem Haushalt bei mir liegt, kam ich nicht umhin, zu widersprechen: «Leider falsch, der intelligente Dampfkochtopf erlaubt es dir und andern Frauen, das Bügeln nicht wegen der Kocherei unterbrechen zu müssen.»

Ich vermied eine Weiterführung der Diskussion und machte mich, zugegebenermassen eher lustlos, ans Aufräumen in der Küche, insbesondere an das Abwaschen der Pfannen, bevor ich mich ans Staubsaugen – von oben nach unten – machte: «Und vergiss das Auto nicht!»

Am Abend verlangte die Enkelin, die eine Nacht bei uns verbrachte, nach einer Gutenachtgeschichte. Von der gefühlt zwanzigsten Geschichte geht die Kurzversion so: Nach dem Festmahl bei einer Fee anerbot sich eine Elfe, alles Geschirr abzuwaschen und alles aufzuräumen. Sie nahm heimlich den Zauberstab der Fee, flüsterte den Zauberspruch und schwupp! war alles Geschirr abgewaschen, am richtigen Ort versorgt und erst noch alle Brosmeten aufgelesen! Endlich konnte ich dann in Ruhe mit einem Bier die trockene Kehle befeuchten und etwas entspannen. Dabei wurde ich den Gedanken nicht los, dass Erfinder öfter mal an den wahren Problemen vorbei erfinden.